Kunst Bildmächtiges und vielfältiges Echo der Antike

Trier · Eine Brücke zwischen den Bilderwelten von Antike und Gegenwart schlägt das Rheinische Landesmuseum in Trier mit der Ausstellung „Echo – Die Aura der Antike“ des Münchner Künstlers Werner Kroener.

 Blick in den Saal der Torsi.

Blick in den Saal der Torsi.

Foto: Th.Zuehmer

„Nichts behält seine Gestalt.“  Schon gar nicht in unserer Vorstellung. Eine Notwendigkeit, die schon der Römer Ovid erkannte, um vital und gegenwärtig zu erhalten, was von unseren Vorfahren ererbt ist.  Die quasi zyklisch wiederkehrende Auseinandersetzung mit der Antike und ihre vielfältige zeitgeistige Rezeption durchzieht die ganze abendländische Kunst- und Geistesgeschichte. Ein eindrucksvolles Beispiel einer zeitgenössischen Antiken-Rezeption und Überschreibung gleichermaßen, was Inhalt wie Medien angeht, zeigt derzeit das Rheinische Landesmuseum Trier. Dort ist der Münchner Künstler Werner Kroener mit seiner Ausstellung „Echo – Die Aura der Antike“ zu Gast. Die Schau ist ein Beitrag  zu seinem Werkzyklus „Time Codes“, der sich kurz gesagt dem Bild als Kommunikationsmittel wie emotionalem und geistigem Echolot widmet.

Dass antike Bildwerke noch nach 2000 Jahren dem Betrachter etwas zu sagen haben,  davon ist auch Museumschef Marcus Reuter überzeugt. Es müssten allerdings nicht immer ärchäologische Ausstellungen sein. „Als künstlerischer Dialog mit der Antike ist die Ausstellung ein Meilenstein in der Geschichte unseres Hauses“ sagt Reuter. „Was spielt sich beim Anschauen der Bilderwelten beim Betrachter ab?“, will Kroener, Professor für visuelle Kommunikation und Bildsprache,  wissen. Eine Art Anschauungsprojekt für eine „Phänomänologie des Geistes“ (Hegel), also für die zeit- und persönlichkeitsabhängige Wahrnehmung von Bildern, hat Kroener dazu geschaffen, die Gefühl und Verstand einschließt. Diesmal geht es um die Bilder antiker Exponate aus der Sammlung des Landesmuseums und aus dem Bestand der Glyptothek in München, wo Kroener  ein weiteres Projekt der Reihe realisierte. Kroener lehrt neben den erwähnten Fächern auch Gestaltungslehre.

„Heutige  Ausstellungsbesucher wollen etwas erleben“, erklärt der gebürtige Koblenzer. Weshalb seine im Trierer Museum realisierte Ausstellung als komplexe interaktive Inszenierung auf der vielfältigen Klaviatur medialer wie dramaturgischer Mittel spielt, von der ausgeklügelten Lichtregie, über digitale Techniken, eigens komponierte zeitgenössische Musik bis zum Einsatz sozialer Medien wie Instagram als Mitmachangebot. Und natürlich fehlt auch weder die aufs Handy zu installierende App noch der virtuelle Raum einer eigenen Ausstellungs-Website. All das würde allein allerdings noch keine ausreichende Substanz  ergeben, die hier gleichermaßen inhaltlich wie atmosphärisch vorhanden ist.

Kroener hat einen vielfarbigen, vielgestalten und vielklingenden Parcours aus sieben Räumen geschaffen, der ganz in dramatischer Tradition mit einer Art Prolog beginnt, der Besucher auf das fantastische Spiel mit den Bilderwelten einstimmt. Das findet im Saal der „Körper“ seinen Höhepunkt. Den raumhohen Fotos antiker Torsi stehen dort die zeitgenössischen Reflexionen des Künstlers zum Körper gegenüber.

Herkömmliche Malerei trifft dabei auf digitale. Die Bildsymbolik des Torso, der gleichermaßen unfertiger, verletzter wie in Veränderung befindlicher Körper sein kann sowie Sinnbild und Aufforderung zum stetigen Wandel, findet in Kroeners Bildecho seine zeitgenössische Überschreibung. Mit seiner eindrucksvollen Installation hat  der Künstler eine Bühne geschaffen,  die den Zuschauer zum Mitspieler und Dialogpartner macht im Kammerspiel antiker und gegenwärtiger Ideenwelt. Zeitlose Themen werden auch in den folgenden Räumen verhandelt wie „Krieg und Frieden“. Tod, Magie und die Unsicherheit der Wahrnehmung vermittelt ein anderer Raum. .Auch bei Kroener zieht das ewig Weibliche den Besucher am Ende hinan. Die Raumfolge endet mit der Reflexion der Schönheit und der Funktion von Verhüllung und Enthüllung. „Echo“ ist eine Ausstellung, die ihrem Namen alle Ehre macht. Ruft sie doch einen enormen Widerhall beim Betrachter hervor. Vielfältig sind die kulturellen kunsthistorischen und stilistischen Zitate, die Anreize, eigene Wahrnehmungen zu überprüfen und die Brücke zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu schlagen. Einmal bestätigt sich, was bereits vor über 2000 Jahren der Grieche Aristoteles feststellte. Um neue Bilder zu entwickeln, bedarf es der Erinnerung an überkommene.

Die Ausstellung läuft bis zum 12. September 2021; geöffnet ist sie dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr. Die Vernissage fiel wegen der Corona-Beschränkungen aus. Weitere Informationen zum digitalen Programm gibt es unter: www.landesmuseum-trier.de

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