Live im Atelier Eels in Luxemburg: „Das wird mein erster Auftritt als alter Mann!“
Luxembourg · Sein Vater war ein legendärer Quantenphysiker – und Mark Oliver Everett „Eels" wurde Rockstar. Der US-Songwriter erzählt, in welcher Hinsicht sein früh verstorbener Vater ein Vorbild ist, was es mit der Absage der Deutschland-Tour auf sich hat und wie er im Luxemburger „Atelier“ seinen „ersten Auftritt als alter Mann“ angehen will.
Kaum einer kann so schön traurige Songs singen, ohne dabei jemals die Hoffnung zu verlieren: Mark Oliver Everett, auch bekannt als „E“. Am 11. April tritt die treibende Kraft hinter der Indierock-Band Eels im Luxemburger Atelier auf.
Sein früh verstorbener Vater war ein heimlicher Star in der Wissenschaft, Mark Oliver Everett wurde Indie-Rockstar. Was er vom Vater gelernt hat - und was nicht.
„E“ wurde erst mit Mitte 50 zum ersten Mal Vater – in einem Alter, in dem sein eigener Vater bereits tot war. Was er von ihm in Sachen Erziehung lernen konnte? „Ich bin ihm sehr dankbar, weil er mir die eigene Vaterrolle nun sehr leicht macht“, sagt „E“ im Telefonat mit dem TV. „Ich mache als Vater einfach immer das Gegenteil von dem, was er gemacht hat.“ Sein Sohn Archie sei jetzt fast sechs Jahre alt. Als „E“ 19 Jahre alt war, entdeckte er seinen Vater tot auf der Couch – Herzversagen: Hugh Everett III war 51 Jahre, stark übergewichtig, Trinker, redete kaum mit seinen Kindern – und auf seiner früheren Elite-Uni Princeton sehen ihn einige renommierte Physiker wissenschaftlich auf einer Stufe mit Einstein und Edison, das werde die Zukunft noch beweisen. Das zeigte eine BBC-Doku, in der sich Mark Oliver Everett auf die Spuren seines Vaters machte, sozusagen einen Rockstar der Physik: Auch wenn Everetts „Viele-Welten-Interpretation“ in der Quantenmechanik und damit die Existenz von Paralleluniversen höchst umstritten ist.
Über das Altern – am Tag vor der Show in Luxemburg feiert Everett seinen 60. Geburtstag
„Wow, ich hatte gar nicht auf dem Schirm, dass das in Luxemburg mein erster Auftritt als alter Mann sein wird“, sagt Mark Oliver Everett. „Im Ernst: Ich bin sehr froh, dass ich meine runden Geburtstage immer irgendwo auf der Welt auf Tour verbracht habe - da haben wir alle viel Spaß und so sehe ich auch keinen Grund, warum ich daran was ändern sollte. Ich komme auch wieder, wenn ich 70 bin.“
Über die Idee, auf einer Tour ein komplettes, altes Album am Stück zu spielen
14 Studioalben hat „E“ unter dem Bandnamen Eels bereits veröffentlicht. Schon das erste, „Beautiful Freak“ (1996) mit dem zeitlos schönen Hit „Novocaine for the Soul“ war ein ziemlicher Erfolg. Alte Fanlieblinge sind auch Alben wie das sehr emotionale „Electro-Shock Blues“ (1998), „Souljacker“ (2001) oder „Blinking Lights and Other Revelations“ (2005). Ein ganzes Album am Stück zu spielen, etwa zu einem Jubiläum? Das machen aktuell viele Bands. „Wir haben das bisher nicht gemacht“, sagt Everett. „Aber die Idee kam schon auf. Es gab Angebote, die interessant klingen - ich wäre also nicht überrascht, wenn in dieser Hinsicht etwas passieren würde.“
Über das Programm und die Erinnerungen an Luxemburg
„Von den Städten, in denen wir spielen, sehe ich meistens nicht viel - ich bewerte Städte daher meistens nach dem Publikum: Und da habe ich die Auftritte in Luxemburg immer genossen“, sagt Everett. Im „Atelier“ war Eels schon mehrfach zu Gast, zuletzt im September 2019. Im Innenhof der Abtei Neumünster spielte die Band auch schon, 2018 beim „Siren’s Call“-Festival. Die sonst öfter mal ausgetauschten Bandkollegen sind die gleichen wie damals, die Liebe für den Rock’n’Roll ist geblieben. Die Setlist hat sich seitdem aber deutlich verändert - was schon daran liegt, dass während der Corona-bedingten Livepause gleich zwei neue Alben erschienen sind, „Earth to Dora“ (2020) und „Extreme Witchcraft“ (2022). Wie bei jeder Tour werden zudem mehr oder weniger bekannte Songs gecovert, diesmal etwa „God Gave Rock’n’Roll to You“ von Argent oder „Whatcha Gonna Do About It“ von den Small Faces oder auch „You Really Got Me“ von den Kinks.
Über die Absage der Deutschland-Tour
Vor gut zwei Monaten wurde die Eels-Tour durch deutsche Metropolen und in vergleichsweise großen Hallen abgesagt – eine Erfahrung, die schon einige Bands nach Corona gemacht haben. Am 11. April sollte er im Kölner Palladium spielen (Kapazität: 4.000 Zuschauer), stattdessen spielt er an dem Tag im deutlich kleineren Luxemburger „Atelier“.
„Wir waren verärgert über die Absage, das war eine Entscheidung des Tourneeveranstalters. Für viele sind Konzerttickets in diesen Zeiten auch Luxus. Aber wir hoffen, dass wir nächstes Jahr wieder in Deutschland spielen werden“, verrät Everett. Dann auf einer neuen Tour mit dem nächsten neuen Album? Könnte sein. „Ich habe da was im Ofen“, sagt Everett. „Aber ich mag nicht über das Essen reden, so lange es noch nicht fertig ist.“
Über die Aussichten, dass er ein weiteres Buch schreibt
„Glückstage in der Hölle“ (der englische Titel trifft es besser, „Things the Grandchildren Should Know“) ist eine der lesenswertesten Musiker-Autobiografien der letzten 20 Jahre – Everett verarbeitet darin Schicksalsschläge wie den Suizid der manisch-depressiven Schwester oder den Krebstod der Mutter, das passierte innerhalb von kurzer Zeit. Aber auch in den düstersten Stunden gibt’s bei ihm immer einen Funken Optimismus, auch auf jedem Album findet sich ein entsprechender Song. „Für mich ist es viel schwieriger, ein Buch zu schreiben als Songtexte - beim Buch hast du nur die Worte, beim Song bestimmt auch die Musik die Atmosphäre.“
Eels, Lockdown-Hurricane-Tour, Dienstag, 11. April, Luxemburg (Den Atelier). Tickets/Infos: atelier.lu