Saarburg Energie, Energie, Energie!

Saarburg · Ein beeindruckendes Konzert liefert die junge Französin Nina Attal am Sonntagabend in der Saarburger Kulturgießerei.

 Vor ihrer Energie erzittern die alten Glocken in der Saarburger Kulturgießerei: Nina Attal.

Vor ihrer Energie erzittern die alten Glocken in der Saarburger Kulturgießerei: Nina Attal.

Foto: Dirk Tenbrock

Wenn die Zuschauer in der alten Gießhalle auch anfangs noch etwas hüftsteif, leise und scheu sind (wie Nina Attal in der Pause zu zwei jungen Franzosen sagt: „Vous êtes trop timide!“), so verlassen sie doch nachher die wunderbar illuminierte Saarburger Kulturgießerei als beglückte und teils aufgekratzte Fans. Die 25-jährige Pariserin gibt mit hand- und selbstgemachter Musik erneut ein Gastspiel in der Gegend, nachdem sie vor einem Jahr die Wawerner Synagoge zum Kochen gebracht hatte.

Nun tritt sie in einer größeren Besetzung mit Keyboarder, Schlagzeuger und einem zweiten Mann an der Gitarre an, um ihr famoses, neues Album „Jump“ vorzustellen, deshalb war der Umzug in die etwas größere Gießhalle der ehemaligen Glockengießerei am Saarburger Staden angebracht.

Das hochenergetische Ganze kann man als Rock’n’Roll bezeichnen, wobei der Rock viele Einflüsse hat: Manchmal klingt es bluesig, original wie in einem sumpfigen US-Südstaaten-Kaff, manchmal funkig – hier ist klar der Einfluss ihres Mentors Nile Rodgers (unter anderem bei „Chic“) zu erkennen- und dann wieder ganz zart und duftig, wie ein Windhauch in der blühenden Provence. Das Album spielt sie am Sonntagabend in fast zwei Stunden komplett durch, es ist etwas ruhiger im Grundton als ihr vorheriger „Wha“-Soundtrack, deutlich elektronischer angelegt und mit einem Rhythmus, der bewegt.

Sie singt und rappt auf Englisch und Französisch, der Mix ist sehr charmant und obwohl nicht alle Zuhörer der Sprachen mächtig sind, erschließt sich der Sinn doch mit dem Herzen. Nina versucht es auch mit zweisprachigen Moderationen, „Guten Abend“ und „Scheiße“ (dass sie mich nicht verstehen) klappt aber auch auf Deutsch. Sie gibt auf einem hohen Energielevel alles, klatscht vor, ballt die Fäuste, fordert zum Tanzen und Schreien auf und siehe da, nach der Pause hat sie ihr Publikum dann auf dem Ekstase-Level, das dem Konzert gebührt. Mit einem sensationellen Gitarrensolo rockt sie sich mitten durch das Publikum und verteilt so ihre Energie oder sorgt mit einem wunderbaren Slow Jam („My Name“, das sie ihrem Vater gewidmet hat) für Atemlosigkeit und Stille. Ihre ebenfalls jungen Musiker dürfen ihr Können in kleinen Soli präsentieren.

Des Gitarristen Anleihen bei den Riffs von Nile Rodgers („Breathe“) sind eher nicht zufällig, Ninas Songwriting orientiert sich häufig am Fürsten des Disco-Funk. Bei „Breathe“, dem vielleicht besten Song des Albums, erzittern die altehrwürdigen Glocken im Museum. Das klingt sehr kosmopolitisch, sehr nach New York. Wunderbar durchscheinend die Ballade „Dream“, poppig „I wanted to kiss“. Gute Laune verbreitet „Get on the bus“, nun tanzt wirklich jeder im Publikum. In „Road ahead“ verarbeitet Attal ganz akustisch und ohne Schnickschnack ihre Erfahrungen auf Tourneen, immerhin hat sie schon über 500 Konzerte hinter sich. Bei „Carry me“ klingt sie gar wie die junge Randy Crawford und „Laisse moi le temps“ ist eine Blues-Ballade par Excellence, durchgehend in poetischem Französisch. Hören sich die Lieder schon auf der CD ganz prachtvoll an, so transportiert die Live-Darbietung die Musik noch mal auf eine höhere Ebene. Wiederum: Energie pur!

Mieke aus Saarburg feiert direkt vor der Bühne und sieht Nina schon zum zweiten Mal. Sie ist begeistert von der Sängerin: „Echt Zucker und die Band war auch cool!“ Zum Abschluss richtet die Attal, wie nach jedem Konzert, einen wohlfeilen Appell an die Zuschauer: „Geht weiterhin auf Live-Konzerte, damit macht ihr die Welt besser!“ Vorbehaltlose Zustimmung im Saal.

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