Ein Kaffeehaus voller Emotionen

IRREL. In mehr als 100 Filmen hat sie schon mitgespielt und an der Seite von Frank Sinatra oder Kirk Douglas gedreht. Am Freitag war Senta Berger in Irrel, um beim Eifel Literatur Festival, präsentiert vom Trierischen Volksfreund, zu lesen – allerdings nicht aus ihrer im Frühjahr vorgestellten Autobiografie.

"Das hat's beim Eifel Literatur Festival auch noch nicht gegeben", sagt einer von hunderten Besuchern, die um 19.15 Uhr in einer Schlange von sage und schreibe 55 Metern vor dem Eingang der Irreler Bürgerhalle warten. Dabei sollte um 19 Uhr Einlass sein. Was war los? "Ihr Zug hat sich verspätet und dadurch haben sich die Proben nach hinten verschoben", sagt Festival-Veranstalter Josef Zierden. Um zwanzig nach sieben dürfen die Gäste schließlich in die Halle strömen.Drinnen gab es Bergers Autobiografie "Ich hab ja gewusst, dass ich fliegen kann" zu kaufen. Zumindest für diejenigen, die das Buch nicht schon dabei hatten - zum späteren Signieren. "Sie denken jetzt, ich lese daraus", sagt Senta Berger zum gespannten Publikum, als der Abend losgeht. "Der Termin in Irrel wurde aber schon festgelegt, als das Buch noch nicht geschrieben war", erklärt sie.

Eine-Frau-Orchester aus Stimmen und Emotionen

"Ich trage Ihnen Geschichten von Alfred Polgar vor, einem der wahrscheinlich letzten Kaffeehausliteraten Wiens. Sie handeln von Mann und Frau und davon, dass die beiden Geschlechter eigentlich nicht zueinander passen", sprach sie und legte los. Schnell zeigte sich, dass hier eine professionelle Schauspielerin und begnadete Erzählerin las. Und wie sie las! Die unterhaltsamen und ironischen Geschichten zelebrierte die gebürtige Wienerin mal mit dem notwenigen Charme, mal ernst, mal traurig, mal energisch und ab und zu auch sehr lasziv. Je nachdem, ob sie gerade in die Rolle des Mannes oder der Frau schlüpfte. Wie ein Eine-Frau-Orchester aus Stimmen und Emotionen. Immer sehr lebendig und mit einem angenehmen wienerischen Unterton. Die rund 600 Gäste in der prall gefüllten Bürgerhalle reagierten immer begeisterter. Zwischen den pointierten Alltagsgeschichten, die es auch als CD gibt, sorgte das "Trio Eumusica" (Violoncello, Violine und Klavier) im ersten Teil der Lesung für die passende Kaffeehausatmosphäre.

Die Eintrittspreise waren mit 25 Euro im Vorverkauf und 28 Euro an der Abendkasse nicht gerade billig. Das störte die zahlreichen Gäste, vor allem aus der Generation der 65-jährigen Schauspielerin, aber kaum: "Wir sind hier in der tiefsten Provinz, und da bekommt man so eine Dame nicht alle Tage geboten", sagt Maria Heyen aus Niederweis. "Ich bin total begeistert und hätte auch 30 Euro bezahlt", sagt Nicole Weiß aus Rohscheid. "Stars wie Senta Berger haben eben ihren Preis", konstatiert Elvire Albert aus dem luxemburgischen Born.

Lieber mit Sean Connery Essen gehen

In der Eifel war Senta Berger zum ersten Mal, aber die Trierer Region ist ihr nicht ganz unbekannt: "Mein Mann hatte in Homburg an der Saar eine Zeit lang Medizin studiert. Damals sind wir ab und zu mit dem Motorrad die Saar und die Mosel entlanggefahren. Ich fand das Licht hier so schön." Das war zu Beginn der 60er-Jahre. Ein paar Jahre später hätte sie an der Seite von Sean Connery in "James Bond" mitspielen können. Die Rolle hat sie aber abgelehnt, wie sie in ihrem Buch schreibt. Warum nur? "Können Sie mir ein Bond-Girl außer Ursula Andress nennen? Können Sie mir ein Bond-Girl nennen, dass später Karriere gemacht hat? Ich hab das damals schon geahnt und bin heute noch froh, dass ich abgelehnt habe. Da geh ich lieber privat mit Sean Connery essen." Gegen 22.30 Uhr war Senta Berger in Irrel am Ende ihrer Lesung angelangt, und das Publikum dankte mit anhaltendem Stehbeifall. Danach gab es wieder eine Menschenschlange. Diesmal am Signiertisch.

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