Ein Schein, der nicht trügt

Philosophie als sinnliches Vergnügen erwartet die Besucher der neuen Schau im Palais Walderdorff in Trier. Dort zeigt die amerikanische Malerin Marthe Keller ihren "Corso Ricorso 4". Keller war seinerzeit Gastkünstlerin an der Europäischen Kunstakademie Trier.

Trier. (er) Dass Philosophie ein ausgesprochen sinnliches Vergnügen sein kann, beweist die neue Ausstellung im Palais Walderdorff. "Was kann man im 21. Jahrhundert noch malen?", hatte sich Marthe Keller gefragt und damit das immer wieder beschworene Ende der Malerei thematisiert.

Die Antwort der 1948 geborenen New Yorkerin auf die Frage nach dem "Was" ist grundsätzlich. Die Amerikanerin malt "Malen". Soll heißen, sie setzt sich mittels Pinsel, Farbe und anderen Materialien mit der Erscheinung (dem Phänomen) der Malerei auseinander. Ihre in Trier zu besichtigende "Erscheinungslehre" ist nicht nur eine Art Triumph der Sinnlichkeit, sie beweist auch, dass die totgesagte Malerei lebendig ist wie eh und je.

Auf den ersten Blick scheinen es vielfarbige Streifen zu sein, die sich dem Betrachter darstellen. Doch bei genauem Hinsehen stellt sich heraus, dass die Streifen in Wirklichkeit Pinselstriche und Farbflüsse sind, die bisweilen an Rinnsale erinnern und im unterschiedlichen Auftrag, im Tempo des Strichs, in verlaufenden und übereinander laufenden Farbflüssen die Temperamente der Farben ausloten. Nicht nur das: Kellers streifenartige malerische Wegzeichen sind auch Zeugnisse der unterschiedlichen Stimmungen der Künstlerin und ihrer eigenen Farbsinnlichkeit. Ihre Planen, das Leinen, ihre ausgefransten Canvas-Stücke, die sie als Bildträger benutzt, belegen neben ihren Pinselstrichen, dass Malen ein nicht endender Prozess ist, der in weiten Teilen vorläufig und spontan bleibt.

Am schönsten ist Kellers wandfüllendes "Orangione", Variationen über die Farbe Gelb, das leider wegen der räumlichen Enge schlecht hängt, am poetischsten ihr "Colter`s Camaro". Weniger überzeugend: ihre Folienbilder. Wer den Überblick behalten will: Ihre gesamte Lehre hat Keller im ersten Stock zu einem vielteiligen Bild verdichtet. Bis 2. August, Di-Fr 11-13 u. 14-17 Uhr, Sa, So, Feiertage 10-13 Uhr, www.gb-kunst.de

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