Ein Star wie du und ich

Trier · 1981 wurde Wham! gegründet. 30 Jahre später ist George Michael immer noch groß im Geschäft und demnächst wieder auf Tournee. Höchste Zeit für eine Würdigung.

Trier. Alles ging den Bach runter. Fabriken verkamen, Städte verfielen. Anfang der 80er Jahre lag England wirtschaftlich danieder. Vor allem für Jugendliche sah die Zukunft düster aus. Für viele war das Abschlusszeugnis das Ticket in die Arbeitslosigkeit. Entsprechend trostlos war die Musik: wütender Punk, depressiver New Wave. Bis der 18-jährige George Michael, unterstützt von seinem Kumpel Andrew Ridgeley, den Spieß einfach umdrehte. "I may not have a job, but I have a good time" ("Ich hab vielleicht keinen Job, aber dafür Spaß") frohlockte er im "Wham Rap". Und alle jungen Menschen, die sich ebenfalls die Laune nicht vermiesen lassen wollten, stimmten mit ein.
Eine einzigartige Karriere


Damit begann eine Karriere, die auf ihre Art einzigartig ist. Die Haudegen des Rock - die Stones, Springsteen, AC/DC - erzählen seit gefühlten 100 Jahren die gleiche Geschichte. Die Kunstfiguren des Pop - Madonna, Lady Gaga - wechseln schneller ihre Identität als ihre Korsage. George Michael aber lebt einfach, und alle paar Jahre bringt er ein Album auf den Markt, das davon berichtet, was in der Zwischenzeit mit ihm passiert ist. Auf diese Weise lässt er die Zuhörer seit drei Jahrzehnten an seiner Entwicklung teilhaben.
Das Spannende daran: So außergewöhnlich George Michael als Komponist und Sänger ist, so stinknormal kommt er einem als Mensch vor. Erst war er der Teenager, der im "Club Tropicana" nicht genug feiern konnte, dann der junge Mann, der das Ende der ersten großen Liebe ("Careless Whisper") so pathetisch-selbstmitleidig betrauerte, wie es nur junge Männer tun.
Im Alter gereift



Als Mittzwanziger - gereifter und selbstbewusster, und das bei hohem Testosteronspiegel - forderte er "I Want Your Sex" und ermahnte sich, sein Herz nicht an den nächstbesten Menschen zu verschenken ("Faith").
Anfang 30, auf dem Album mit dem vielsagenden Titel "Older", dämmerte ihm, dass die wilden Jahre vorbei waren: "My friends got their ladies, they\'re all having babies"/ "Meine Kumpel sind liiert, alle haben sie Babys" (in: "Fast Love"). Mit 40, rechtzeitig zur Lebensmitte, zog er erste Bilanz. Er setzte sich mit seinen Wurzeln auseinander. Kindheit und Jugend waren auf einmal wieder präsent ("Round Here"). Das obligatorische Familiengeheimnis wurde gelüftet (der schwule Onkel, der nicht aus seiner Haut konnte, in: "My Mother Had A Brother").
Das alles ist eigentlich unspektakulär. George Michaels Songs sind wie ein offenherziges Gespräch unter Freunden. Sie erzählen von den Höhepunkten und Tiefschlägen des Lebens und davon, welche Spuren diese in der Seele hinterlassen haben. Doch sie tun dies auf eine Weise, die anrührt und berührt. George Michael findet die richtigen Worte und vor allem die richtigen Töne. Schön, dass man jetzt - endlich! - wieder Gelegenheit hat, sich davon auch live zu überzeugen.
George Michael tritt u.a. am 7. September in Köln und am 8. September in Mannheim auf. Für alle neun Deutschland-Konzerte sind noch Tickets erhältlich.

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