Ein starkes Stück modernes Theater

Luxemburg · In einer wortgewaltigen, modernen Fassung voller Sprachwitz hat der klassische Märchenstoff des frauenmordenden "Blaubart" am Dienstag im Luxemburger Kapuzinertheater Premiere gefeiert. 200 Zuschauer erlebten einen hochinteressanten Theaterabend.

Luxemburg. Der Stoff des Edelmannes Blaubart, der seine Frauen reihenweise tötet, stammt aus einem alten französischen Märchen, wurde von den Brüdern Grimm aufgenommen und in der Bühnenkunst und Literatur vielfach interpretiert. In die heutige Zeit jedoch verlegt die bekannte deutsche Dramatikerin Dea Loher, geboren 1964, ihr ironisches Stück "Blaubart, Hoffnung der Frauen". Hier ist er ein ganz und gar mittelmäßig erscheinender Schuhverkäufer, der dennoch zum Serienmörder wird. Ganz klar sind seine Motive nicht, er bleibt im Zweifel, im Zwielicht und wird am Ende selbst gerichtet.
Völlig ohne Mitleid lässt man ihn dennoch nicht von der Bühne. Die Frauen - seine Opfer - kommen ihm zu nah, körperlich und emotional, das bedeutet ihr Todesurteil, das Heinrich vollstreckt. Das lässt Assoziation mit Englands frauenverschleißendem Heinrich VIII. zu, die Figuren der Frauen scheinen an einer heimlichen Angst vor der Unabhängigkeit zu leiden und fühlen sich zum Mörder hingezogen. Den gibt Germain Wagner, der künstlerische Leiter des Kasemattentheaters, unaufgeregt distanziert, mit einer humoresken Facette angereichert, der blaue Bart - als einziges thea tralisches Accessoire - verleiht ihm eine schräge Würde.
Luxemburgs Multitalent Nora Koenig als "Blinde" spannt den Bogen der Handlung, sie ist sehr präsent und intensiv, ihre Kommentare ordnen ein und regen zugleich die Fantasie an. Catherine Janke spielt alle weiteren Frauenrollen, sprich die Opfer. Dabei agiert sie mit viel (Premieren-)Druck und vollem Einsatz, um allen unterschiedlichen Frauentypen eine eigene Färbung zu geben. "Ich möchte mich nicht mehr verlieben, ich möchte den Mann treffen, der mein Herz in schäumender rücksichtsloser Leidenschaft zerreißt, der mein Innerstes nach außen kehrt, der sich nimmt, ohne zu fragen" , sagt sie als Christiane. Ein starkes Zitat aus einem wortgewaltigen Text voll ironischem Wortwitz. Das Publikum lacht viel an diesem Abend, doch ein bisschen mehr von der düsteren Seite hätte es aber schon sein dürfen, wenn es um Mord und Inzest geht, sowohl dramaturgisch als auch schauspielerisch.
Insgesamt ein starkes Stück Theater einer tollen Autorin, eine ambitionierte Inszenierung von Carole Lorang (Regie) und Mani Muller (Dramaturgie) mit einer wunderbar modern reduzierten Bühne und Kostümen (Peggy Wurth). Ein lohnender Theaterabend, dazu mit nur 80 Minuten Länge auch noch knackig kurz.
Weitere Vorstellungen am 19. und 21. November, Karten: TV-Service-Center Trier, Bitburg und Wittlich.

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