Ein Stück über Liebe, Sehnsucht, Macht und Abhängigkeit

Trier · Rainer Werner Fassbinder, einer der wichtigsten Regisseure des neuen deutschen Films und des zeitgenössischen Theaters, wäre im Mai 70 Jahre alt geworden. Das ist Anlass für eine Neuinszenierung seines Frauendramas "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" durch das Limelight Theater in der Trierer Tuchfabrik.

 Besitzergreifende Liebe: Claudia Stephen als Petra (links) mit Amaia Olea als Karin. TV-Foto: Anke Emmerling

Besitzergreifende Liebe: Claudia Stephen als Petra (links) mit Amaia Olea als Karin. TV-Foto: Anke Emmerling

Foto: Anke Emmerling (ae) ("TV-Upload Emmerling"

Trier. Im vergangenen Jahr hat das Trierer Kultur- und Kommunikationszentrum Tuchfabrik die neue Theaterreihe "Tufa Classics" gestartet. "Classics", also Klassiker, definiert dabei Stücke, die Theatergeschichte geschrieben haben. "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" ist so eines, denn: "Es ist Schlüssel zu Rainer Werner Fassbinders Schaffen. In ihm ist der rote Faden seines ganzen Werks angelegt", sagt Regisseur Karsten Müller: "die Thematik der Beziehungsunfähigkeit des Menschen".
Fassbinder hatte das kammerspielartige Drama in klassischer Fünf-Akt-Struktur für die Stars seines "Antitheaters" Margit Carstensen und Hanna Schygulla geschrieben, 1972 wurde es auch verfilmt. Es erzählt, wie sich Petra von Kant, eine Modedesignerin, nach ihrer Scheidung in die klammernde Liebe zu der jungen Karin stürzt. Sie versucht sie mit der Aussicht auf eine Modelkarriere, Geld und Luxus an sich zu binden. Karin nutzt das aus, flieht aber, als ihr die Sache zu eng wird. Petra vereinsamt und verfällt dem Alkohol. Einzig die von ihr stets gedemütigte stumme Bedienstete Marlene hält ihr die Treue, bis zu einem so dramatischen wie auch banalen Ende ...
Der 1982 im Alter von 37 Jahren gestorbene Fassbinder habe in dem Stück eigene Lebenserfahrungen - vom Drogenmissbrauch bis zur gescheiterten gleichgeschlechtlichen Liebe - verarbeitet, sagt Müller. "Aber es geht nicht in erster Linie um Homoerotik, sondern um die düstere Zustandsbeschreibung von Liebesabhängigkeit, um Ökonomie, Macht und unstillbare Sehnsüchte in einer Beziehung."
Nur Frauenfiguren verwickelt das Drama in dieses Geflecht, sechs an der Zahl. Deren Darstellerinnen finden das Stück roh und ihre jeweiligen Rollen extrem. Amaia Olea als Karin muss zum Beispiel einen Bogen von "zuerst lieb, dann profitorientiert bis richtig fies" spannen. Aber Fassbinder habe realistische Porträts gezeichnet: "Er war ein großer Frauenversteher", sagt Claudia Stephen, die die Petra spielt und das Stück vorgeschlagen hat. Sie habe allerdings Überwindung aufbringen müssen: "Die Erniedrigung, sich so an jemanden zu ketten, die war mir sehr fremd."
Ein schwieriger Part ist auch der der Bediensteten Marlene: "Sie muss schweigen, arbeiten, Petra beschützen und sich dabei wie einen Putzlumpen behandeln lassen", beschreibt deren Darstellerin Monika Wender. Diesen Charakter will Regisseur Müller als Alter Ego oder anderen Teil der Persönlichkeit Petras verstanden wissen. Seine Inszenierung arbeitet viel mit Symbolik, über Requisiten und eingespielte Musik. Das Bühnenbild steht in der Raummitte, damit die Zuschauer aus einer Art voyeuristischer Perspektive ins Geschehen einbezogen werden. Vier der je 90-minütigen Vorstellungen werden in der Tufa Trier gespielt, eine auch im Modehaus Marx, um ein breiteres Publikum anzusprechen. ae
"Die bitteren Tränen der Petra von Kant" feiert am Samstag, 13. Juni, 20 Uhr, in der Tufa Premiere. Karten gibt es im TV-Service-Center Trier, unter 0651/7199-996 und auf <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund.de/tickets" class="more" text="www.volksfreund.de/tickets"%>. Weitere Termine: 19., 20. und 27. Juni sowie im Modehaus Marx am 24. Juni. Trailer unter:
<%LINK auto="true" href="http://www.youtube.com/watch?v=ybH0ehdIoBE" class="more" text="www.youtube.com/watch?v=ybH0ehdIoBE"%>.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort