Ein Stück vom Himmel

Morgen Abend mündet die monatelange Vorbereitungsarbeit für "Samson und Dalila" endlich in einer ausverkauften Premiere im Amphitheater - sofern das Wetter mitspielt. Der bange Blick auf die Prognose ist auch in jeder Phase der Abschluss-Proben präsent. Es ist hart, wenn der Erfolg, für den man geschuftet hat, letztlich vom Glück abhängt.

 Selbst im Hellen entfaltet das Amphitheater einen ganz neuen Charme. TV-Foto: Friedemann Vetter

Selbst im Hellen entfaltet das Amphitheater einen ganz neuen Charme. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Alle reden vom Wetter. "Lassen Sie uns schnell anfangen, so lange das Wetter hält", ruft Regisseur Kurt Josef Schildknecht seinen 200 Akteuren bei der Hauptprobe via Mikrofon zu. "Und, wie wird's am Freitag?", fragt Ausstatter Francois Valentiny den Reporter - als wüsste der Genaueres. Und Intendant Gerhard Weber sieht so aus, als studierte er dieser Tage mindestens ein Dutzend Wettervorhersagen gleichzeitig, immer auf der Suche nach der günstigsten, die die Hoffnung nährt, dass man nicht in die Arena muss.Da steht nun endlich alles im Amphitheater: Die schmucke, weiße Tribüne, die sich bis hoch auf die Ränge erstreckt. Die 16 Meter hohen Tempelzinnen. Die monumentale Bühnenlandschaft. Gut, die Umrandung für das Orchester-Podest hat noch den Charme einer Apfelsinenkiste. Aber dafür gibt es bis Freitag noch einen Eimer Farbe oder ein paar Bahnen Stoff. Der Rest wirkt schon recht perfekt. Aber ob das Publikum es zu sehen bekommt, hängt von dem lächerlichen kleinen Blitzzeichen ab, das in den Wetterberichten für morgen zwischen den Wolken hervorlugt. Ein Stück vom Himmel, das ist das einzige, was die Festspiel-Macher und ihre Akteure sich wünschen - aber ein niederschlagsfreies halt, direkt über dem Amphitheater, am Freitag von 21 bis 0 Uhr.Jenseits der klimabedingten Nervosität zeigen die letzten Proben, dass das neue Raumkonzept optisch und akustisch aufgehen könnte. Das neue Konzept scheint aufzugehen

Die wenigen zugelassenen Besucher und Journalisten staunen über den Klang, der den Sängern, obwohl sie weit vom Publikum entfernt in der Tiefe des Raumes stehen, ein tadelloses "Durchkommen" ermöglicht. Und das, obwohl die Luxemburger Philharmoniker mit fast 100 Musikern für einen kräftigen Teppich sorgen.Bei der Hauptprobe nutzt freilich mancher der Instrumentalisten die Gelegenheit, sich zwischendurch umzudrehen und das szenische Geschehen zu beobachten. Besonders bei den Liebesszenen zwischen Samson und Dalila rucken die Köpfe, und im Stakkato-Takt klacken die Objektive der Fotografen oben auf der Tribüne.Derweil plagt sich Samsons Fußvolk in Gestalt von Chorsängern und Statisten mit den Tücken des Make-ups herum. Die Ausstattung hat ihnen rotbraune Körperschminke verordnet, was ein imposantes Bild ergibt, aber mit dem Umstand kollidiert, dass für 90 dick eingesalbte Akteure genau zwei mit Wasseranschluss versehene Waschbecken zwecks Abschminken zur Verfügung stehen. "Das Jungen- und das Mädchenklo der benachbarten Egbert-Grundschule sind unser Backstage-Areal", sagt einer mit grimmigem Galgenhumor. Da muss schon eine gehörige Liebe zur Kunst mit dabei sein, wenn sich erwachsene Menschen solche Bedingungen bieten lassen.Andere Open-Air-Tücken lassen sich dagegen kaum vermeiden. Im Orchester versprühen die Kontrabassisten reichlich Pulver gegen die Insektenplage. Ob's hilft? Ein älterer Herr mit Aktentasche schlendert entrückt über die Wiese hinter der Bühne, nicht ahnend, dass er mitten durch die Kulisse spaziert, in der wenig später massenhaft Fahnenschwinger und Fackelträger aufmarschieren.Da braucht es gute Nerven. Regisseur Schildknecht und sein "Leading Team" ganz oben am Tribünenrand verfolgen das Geschehen bis zur Pause der Hauptprobe erstaunlich gelassen. Danach sind Presse und Öffentlichkeit nicht mehr zugelassen. Ob es dann so ruhig bleibt, wissen nur die Mitwirkenden.Die Premiere am morgigen Freitag ist ausverkauft. Für die Vorstellungen am 22., 24. Juni und 1. Juli sowie für alle Aufführungen des Schauspiels "König Ödipus" (30. Juni, 6., 7. und 13. Juli) gibt es noch Karten (0651/7181818). Info: www.antikenfestspiele.de. Eine Wetter-Hotline ist unter 0651/7181817 ab 17.30 Uhr geschaltet. Eine Stunde vor der Vorstellung gibt es eine Werk-Einführung.

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