Ein Wirbelwind fegt den Staub von den alten Noten

Luxemburg · Die japanische Jazzpianistin Hiromi hat in der Philharmonie Luxemburg einen grandiosen Solo-Konzertabend geboten. Brillantes und energiegeladenes Spiel, vielfältige Kompositionen und eine charismatische Persönlichkeit bezauberten das Publikum.

 Die Japanerin Hiromi Uehara hat sichtlich Spaß bei der Arbeit. Foto: Sébastien Grébille

Die Japanerin Hiromi Uehara hat sichtlich Spaß bei der Arbeit. Foto: Sébastien Grébille

Luxemburg. Zum Konzert von Hiromi Uehara kommen die meisten der 1300 Besucher wohl mit hohen Erwartungen in die Luxemburger Philharmonie - schließlich eilt ihr der Ruf einer Ausnahmevirtuosin voraus. Doch was diese zarte, mädchenhafte Person dann solo am Flügel darbietet, übertrifft selbst kühnste Vorstellungen. Sobald sie stehend, hüpfend oder tänzelnd die Tasten und Saiten des Instruments bearbeitet, ist es, als fege ein Wirbelwind durch den Saal. Er bläst jegliches Gefühl für Zeit und Raum weg und zieht stattdessen in den Sog eines magnetischen Kraftfeldes. In dessen Zentrum steht Hiromis überbordende Energie und Kreativität.
Die Pianistin vereint in ihren Kompositionen frisch, frech, fröhlich und verschmitzt die unterschiedlichen Musik- und Gefühlswelten, in denen sie sich bewegt. Sie zitiert ihren Lieblingskomponisten Gershwin, improvisiert über ein traditionelles japanisches Lied oder eine Rocknummer der Red Hot Chili Peppers. Sie lässt die Romantik im Stück "Old Castle, by the river, in the middle of the forest" aufleben, das von einem Gemälde inspiriert wurde. Und sie gibt mit avantgardistischen Klangexperimenten ihren Eindruck von der atemlosen Metropole New York wieder. Atemberaubend sind die Präzision, Geschwindigkeit und Dynamik ihres Spiels. Atemberaubend sind auch ihr Sinn für Dramaturgie und die schlafwandlerische Leichtigkeit, mit der sie zwischen Jazz, Rock, Funk, Boogie und Klassik changiert.
Hiromis Musik ist technisch höchst anspruchsvoll, bleibt aber durch schöne Melodien und das Spiel mit bekannten Versatzstücken zugänglich. Überwältigend ist zudem, mit welcher Hingabe die 35-Jährige bei der Sache und bei ihrem Publikum ist. Stets hält sie durch Blicke und Lächeln Kontakt und versprüht ihren gewinnenden Charme. Stehende Ovationen sind der Dank für diesen grandiosen Abend.

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