"Eine Ehe leben ist wie eine Schweizer Uhr zusammenbauen"

Bernkastel-Kues · Der Kabarettist Bernd Stelter ist am Freitag, 7. Oktober, mit seinem Programm "Wer heiratet, teilt sich Sorgen, die er vorher nicht hatte" in der Mosellandhalle Bernkastel-Kues.

Bernkastel-Kues. Mit Redaktionsmitglied Stefanie Braun sprach Bernd Stelter (Foto: dpa)über Ehe, Nachrichten und Jan Böhmermann. Mit Verlaub, der Titel Ihres Programms klingt ein bisschen nach Mario Barth ...Bernd Stelter: Es ist das exakte Gegenteil! Mario Barth sagt "Männer und Frauen passen nicht zusammen." In meinem Programm müsste es dagegen heißen: "Wer heiratet, teilt sich die Sorgen, die er vorher nicht hatte und wer sich die Sorgen anderer teilt, wird glücklich." Es ist ein Programm pro Ehe. Was macht Witze über Beziehungen denn so reizvoll?Stelter: Es ist immer reizvoll, sich über etwas lustig zu machen, was normal oder spießig ist. Ich nenne mich ja gerne einen "Genießerspießer", wenn man mit einem kühlen Riesling auf der Terrasse sitzt und den Goldfischen im Teich zuschaut, dann mag das spießig sein, aber es ist auch toll. Ich finde, lange glücklich verheiratet zu sein, ist der Weg des größeren Widerstands als Mehrfachehen einzugehen. Eine Ehe leben ist wie eine Schweizer Uhr zusammenbauen: Die vielen kleinen Zahnrädchen müssen mit den vielen kleinen Schräubchen verschraubt werden. Einfach ist es nicht, aber es ist toll. Glauben Sie, dass ein humoristischer Blick auf aktuelle Entwicklungen förderlich ist?Stelter: Das ist sehr förderlich. Man muss über alles Witze machen dürfen. Es macht vieles erträglich. Unser Problem ist, dass wir uns verrückt vor Nachrichten machen. Wir stehen morgens mit den Nachrichten aus dem Radio auf, der Computer kann nicht schnell genug hochfahren, um zu schauen, was die Nachrichten wieder Fürchterliches posten. Mit dem Fernseher gucken wir in die Wohnzimmer von Problemfamilien, und abends ziehen wir uns zur Entspannung das Kettensägenmassaker in 3 D rein. Wir müssen wahnsinnig werden. Gerade wurden die Ermittlungen gegen Jan Böhmermann eingestellt - ist der Fall ein Schreckensbeispiel oder ein Ansporn in der Kabarettszene?Stelter: Ich persönlich halte die Freiheit der Kunst für höherstehend als das Beleidigungsproblem von Herrn Erdogan. Ganz abgesehen davon war das einfach ein blödes Machwerk von Böhmermann, spätpubertäre Kacke. Ich würde solche Witze nicht machen, nicht wegen Erdogan, sondern wegen der Art von Witz. Ich halte mich an meine eigenen Tabus, aber trotzdem muss die Satire die Freiheit haben, dass man das machen darf. sbra

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