Eine Quote macht keinen Hit

Wenn viele verschiedene Leute zur gleichen Zeit versuchen, ein und dasselbe Bedürfnis der Menschheit zu befriedigen, dann ist das nicht kollektive Dummheit, sondern eine Branche. Aber weil der Mensch ein Herdentier ist, verschließt er sich normalerweise dem nahe liegenden Wunsch, den Nahrungskonkurrenten gewaltsam aus dem Warenkreislauf zu entfernen, und trifft sich stattdessen mit dem Widersacher auf so genannten Messen.

Dort zeigt dann die Branche, was sie alles kann: Ob Elektronik, Bücher, Landwirtschaft - wer mal so eine Messe besucht, sieht, dass das Gleiche eben doch nicht dasselbe ist. Traktoren neben Sportwagen auf einem Gelände - KFZ ist eben nicht KFZ. Und so lässt der liebe Gott dank dieser Vielfalt in der Einheit jeder Branche beinahe jedweden sein Auskommen finden. Na ja, beinahe in jeder. Denn für die Ausnahme von der Regel gibt es wie immer die Musik-Industrie. Die geriert sich zwar auf den ersten Blick wie andere Industriezweige auch: Alle stellen das gleiche Ur-Produkt in verschiedenen Geschmacksrichtungen her, und man trifft sich auf einer Messe; aber wenn man durch die Pforten der Popkomm in Berlin tritt, sieht man schnell essenzielle Unterschiede. 1. Es wird nix ausgestellt. Also kein Grönemeyer-, Madonna- oder Mick Jagger-Stand, wo man das Produkt mal anfassen könnte, und 2. Es dürfen nicht alle mitmachen! Bei den zahllosen Eröffnungskonzerten fehlen die volks- tümlichenMusikanten ebenso wie ihre Gebrüder aus der schlagernden Zunft. Deutsche Sprache gibt es sowieso nur reduziert in Form von HipHop beim Label-Konzert der Fanta Vier, die sich natürlich (!) auch für ein vorgeschriebenes Mindestmaß Deutscher Musiktitel im Radio stark machen. Aber nur für die von der korrekten Sorte. Oder besser gesagt, die Fanta Vier dafür hält. Kein Platz für Andrea Berg, die mal locker viermal soviel Platten verkauft wie die nicht viel jüngeren Schwabenhopper. Und deshalb bleibt nur zu hoffen, dass die Quote für deutsche Musik, so sinnvoll sie angesichts der bedrohlichen Müllschwemme aus Amerikas Plastikpopfabriken zu sein scheint, nicht von den Leuten kontrolliert wird, die sich als Musikbranche auf der Messe treffen. Nur Maffay und Naidoo - da hört doch kein … zu!

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