Eine Stimme als Sensation

Esch-sur-Alzette · Erstaunt und beeindruckt haben 4800 Fans die Rückkehr von Joe Cocker in der ausverkauften Rockhal verfolgt. Der Mann mit der Whiskeystimme präsentierte sich in bestechender Form. Mit im Gepäck hatte der Rock-Dino das neue Album, aber auch seine unverwüstlichen Klassiker.

 Joe Cocker. Foto: Claude Piscitelli

Joe Cocker. Foto: Claude Piscitelli

(zad) Ganz in Schwarz gewandet steht Joe Cocker am Mikrofon. Kurz geschorener Schädel, ergrauter Stoppelbart. Konzentriert und fast ein wenig zurückhaltend wirkt der Brite im gleißenden Scheinwerferlicht. Keine Starposen, kein Anflug von polterndem Gehabe - mit Bescheidenheit meldet sich die raubeinige Stimme des Rock zurück. Ein Joe Cocker lässt sich so schnell nicht abschreiben, nicht totreden und zum Alteisen degradieren. Sein Comeback ist nicht das eines abgehalfterten Altstars, der noch einmal mit halbem Herz in den Ring steigt. Das demonstriert er ohne Genugtuung, mit britischem Understatement.

Es fährt knapp 5000 Menschen in die Glieder, als Joe Cockers Organ ertönt. Diese unnachahmliche Stimme ist immer noch eine Sensation. Vor allem nach den vielen Rückschlägen, die er in den Jahrzehnten seiner Karriere hat wegstecken müssen. Davon kündet der erste Teil des Konzerts. Ergriffen lauscht die Rockhal den Songs vom neuen Album "Hard Knocks", in denen Joe Cocker vom Schicksal, Schmerz und seinem Kampf mit den Dämonen erzählt. Vor allem ist Joe Cockers Stimme viel präsenter als die neue CD das weismachen will. Er ist bei jedem Ton voll auf der Höhe, unangefochten der Boss, auch wenn die neuen Songs poplastiger und eine Nuance zu jovial daherkommen. Joe Cocker macht daraus trotzdem echte Joe Cocker-Nummern. Tosender Jubel! Ja, er hat's immer noch drauf. Mit dem neuen Hit "Hard Knocks" beschließt der Junge aus Sheffield die Vorstellung des neuen Werks. Nun kommt die Zeit seiner großen Erfolge - "Unchain my heart", "Night calls", "You can leave your hat on".

Hektisch zittern seine Hände, als bediene er eine imaginäre Gitarre. Es ist Joe Cockers oft belächeltes Markenzeichen. Der 66-Jährige spielt Luftgitarre, ungeniert und selbstverständlich. Er darf das, ohne lächerlich zu erscheinen.

Seine Klasse spielt Joe Cocker dann aus, wenn die Band ihr Getöse zügelt und seine Stimme rauchig-fragil und wuchtig brummend die Rockhal in seinen Besitz nimmt. Oft gehört und doch von unverwüstlicher Schönheit: Die großen Hits "You are so beautiful" und "With a little help from my friends" behandelt Joe Cocker mit einer intimen Andächtigkeit, als seien sie zerbrechliche junge Geschöpfe und keine hartgesottenen Weggefährten. Das lässt niemanden kalt und gestandene Männer bekommen tränenfeuchte Augen.

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