Eintauchen in Klang und Raum

TRIER. Zum Auftakt der Mosel Festwochen in Trier präsentierten die Philharmoniker unter Generalmusikdirektor István Dénes im Dom Werke von Francis Poulenc und Anton Bruckner. Solist des eindrucksvollen Abends war Domorganist Josef Still.

Die Konzertreihe "Domsinfonie" ist ein Glücksfall im Trierer Musikleben, bietet sie doch einen wirklichen Zusammenklang nicht nur der Ausführenden, sondern auch zwischen Musikern und dem immer wieder auch akustisch überwältigenden sakralen Raum des Doms. Dass aus dem Einklang an diesem Abend kein Zweiklang oder gar Zwieklang wurde, hatte man den Jazzmusikern draußen auf dem Domfreihof zu verdanken. Sie legten eine eineinhalbstündige Pause ein. Francis Poulenc gehört zur Gruppe der sechs französischen Komponisten, die sich nach dem ersten Weltkrieg um eine Abkehr vom musikalischen Impressionismus und von Romantizismen bemühten. Mehr Einfachheit und Klarheit in Stil und Ausdruck war ihr Ziel, und das verfolgten sie nicht etwa mit der Aufgabe der Tonalität, wie die Musiker um Arnold Schönberg, sondern mit Freude am Spiel, Poesie und sogar Humor. Und so ist denn auch Poulencs 1938 entstandenes Konzert für Orgel, Streichorchester und Pauken in g-Moll bei aller Klangfülle, die es durchaus auch hat, ein überaus durchsichtig und elegant gesetztes Werk. Poulenc war fasziniert von der Kirche als Klangraum, und bei seinem Orgelkonzert könnte man von nicht elektronisch erzeugter Stereofonie sprechen. Etwa dann, wenn Pauken und Orgel in einen Dialog treten. Das Zusammenspiel zwischen Orchester und dem räumlich weit entfernt, hoch oben an der Schwalbennestorgel sitzenden Solisten Josef Still funktionierte bestens, denn István Dénes setzte bei kniffligen Passagen weit ausholende und sehr klare Schlagfiguren ein. Hier und da waren in den Violinen Unebenheiten bei der Intonation hörbar, während Bratschen, Celli und Bässe mit ausgesprochen schöner und warmer Tongebung imponierten. Einen Kontrast stellte die anschließende Sinfonie Nr. 2 in c-Moll von Anton Bruckner nur stilistisch dar. Denn auch dieses hochromantische Werk ist für die Aufführung in einem Kirchenraum wie geschaffen. Bruckners Betonung des Architektonischen brachte ihn bei markanten und formal bedeutsamen Stellen sozusagen zur Erfindung der Generalpause. Und diese Pausen lassen einem im Dom wahre Schauer über den Rücken jagen, wenn nämlich der Schlussakkord schätzungsweise sechs Sekunden nachhallt. Die Trierer Philharmoniker zeigten sich in Bestform und gingen auf das Konzept ihres Chefdirigenten auf überzeugende Weise ein. Dénes weiß um die Bedeutung des Mitatmens und kann dies auf seine Musiker übertragen. Er hat überdies ein untrügliches Gespür für die richtigen Tempi. Nie verliert er das Ganze aus dem Blick, ohne dabei aber Details zu vernachlässigen. Hervorragend gelangen ihm die bei Bruckner so wichtigen und oft heiklen Übergänge, sowohl bei den Tempi als auch von einem "Block" zum nächsten. Und schließlich beeindruckten Dirigent und Orchester dadurch, wie sie die formalen und dynamischen Höhepunkte heraus- spielten. An das Applaudieren des Publikums in einer Kirche hat man sich Gott sei Dank inzwischen gewöhnt. Aber vielleicht hätte das Überreichen je einer Sekt-Magnum an den Dirigenten und den Organisten doch besser an anderer Stelle stattgefunden. Wie dem auch sei, es war ein Konzert, das sicher noch lange nachklingen wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort