Ene, mene, mu, und raus bist du

Ich mag keine Castingshows. Gelegentlich schaue ich aber doch mal rein.

Mal, weil ich an dem Abend einen Hang zum Masochismus verspüre, mal, weil ich meiner Kollegin eine Kolumne versprochen habe, und manchmal, aber nur sehr selten, wegen der Jurymitglieder.

X-Faktor, die neue Castingshow (gesprochen: kaaaastin-scho) von Vox wollte ich sehen, weil Till Brönner, Deutschlands bestaussehendster Vorzeigetrompeter, neben Sängerin Sarah Connor und Musikproduzent George Glück, in der Jury sitzt.

Im Gegensatz zu Dieter Bohlen bei DSDS (Deutschland sucht den Superstar) versuchen diese drei jedoch nicht, die Sänger und Gesangsgruppen fertigzumachen, sondern sie zu promoten (also zu fördern).

Die Mentoren Brönner, Connor und Glück geben ihren jeweiligen Schützlingen Tipps zur Liedauswahl, massieren die noch jungen Künstlerseelen und suchen das Star-Gen, den X-Faktor. Da die Zuschauer ihren Favoriten am Ende telefonisch wählen müssen, macht der jeweilige Mentor so viel Werbung wie möglich für seinen Act (Schüler). Till Brönner etwa blickt den (weiblichen) Fernsehzuschauern dabei ganz tief in die Augen und sagt: "Rufen Sie jetzt an unter der Nummer....." - Ähnlich wie bei diesen Dauer-Verkaufssendungen, die für Anti-Falten-Cremes von Jane Fonda oder Hüfthalterhöschen werben. Sarah Connor versucht's mit Klein-Mädchen-Charme, und George Glück macht einen auf weltmännisch: "Isch mag das Unkonventionelle."

Till Brönner auch. Wahrscheinlich gefällt er sich deshalb in der Rolle des Stinkstiefels. Sprüche wie "Du bist der Ferrari in der Mitte und ihr beiden seid die Anhänger. Ich habe noch nie einen Ferrari mit Anhänger gesehen", lassen seinen Sympathiebonus bei mir schmelzen wie einst bei Paul McCartney, nachdem er Heather Mills geheiratet hat. Solche Sprüche kann Bohlen besser.

Ob die Sänger ihre Töne treffen oder nicht, scheint absolut nebensächlich. Keinem der drei Juroren ist das eine Bemerkung wert. Am Ende jeder Show treten die beiden Kandidaten mit den wenigsten Stimmen gegeneinander an, einer fliegt raus.

Mein Verlierer steht jetzt schon fest: X-Faktor.

X-Faktor, dienstags, 2015 Uhr, bei Vox. Verona Kerl

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