Erinnerungen an einen Auftritt des Komponisten in der Region Der Maestro der Filmmusik - Zum Tod von Ennio Morricone (mit Video)

Trier · Ennio Morricone hat mit seiner Musik Hunderte Filme veredelt – und längst nicht nur Italo-Western-Klassiker wie „Spiel mir das Lied vom Tod“. Der Italiener starb im Alter von 91 Jahren. 2015 hatte er noch einen großen Auftritt in der Region.

 Ennio Morricone.

Ennio Morricone.

Foto: dpa/Annette Reuther

Irgendwann hat Hollywood den Schuss gehört. Spät zwar, wohl zu spät. Es wäre aber schon eine Missachtung historischen Ausmaßes gewesen, wenn einer der ganz Großen der Filmmusik nie einen Oscar für den besten Soundtrack bekommen hätte: Ennio Morricone wurde nominiert und ignoriert, er wartete und wartete, bekam dann 2007 zumindest den Oscar für sein Lebenswerk. Und 2016, mit 87 Jahren, war es so weit: Für seine Filmmusik zu „The Hateful Eight“ erhielt er den Oscar. Regisseur Quentin Tarantino war ein großer Fan des Römers, den es nie nach Hollywood gezogen hatte und der auch kein Interesse daran hatte, ernsthaft Englisch zu lernen. Musik, das war Ennio Morricones Universalsprache.

Seine Kompositionen sollten nicht bloße Verstärker sein für die Emotionen, die schon das Bild liefert. Bei ihm lief es oft umgekehrt, etwa bei der Zusammenarbeit mit dem einstigen Schulkollegen Sergio Leone, der vor 30 Jahren starb. Zuerst stand die Musik, dann folgte die Optik. Die Emanzipation der Filmmusik: Mach‘ dir dein Bild dazu.

Morricone hat in über einem halben Jahrhundert über 500 Filme und Fernsehsendungen mit seiner Musik veredelt. Berühmt wurde er in den 60ern mit Sergio Leones Italo-Western wie „Zwei glorreiche Halunken“ oder „Für eine Handvoll Dollar“ und vor allem „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968): Da war die Musik schon fertig, bevor Sergio Leone die ersten Einstellungen drehen ließ. Mit Claudia Cardinale, Henry Fonda oder Charles Bronson, dem Mann mit der Mundharmonika. Klagender, düsterer, todesnäher klang das Instrument vor- und nachher nicht mehr. Oder liegt das auch an den Bildern dazu, die sich eingebrannt haben?

Morricones erstes Instrument war die Trompete. Eine Familienangelegenheit: Schon sein Vater war angesehener Musiker. „Ich habe das nicht ausgewählt“, sagte er in einem dpa-Interview. „Mein Vater hat Trompete gespielt, er hat gut verdient und damit die Familie gut ernährt.“

Ennio Morricone, lebenslang ein großer Bach-Fan, studierte klassische Komposition in Rom. In den 1950ern und 60ern ließ er sich von der Neuen Musik inspirieren, das setzte er auch in seiner Filmmusik um. Überhaupt: Ein „Sklave der Bilder“ wollte er nie sein. Seine bekanntesten Kompositionen mögen zwar in Filmen von den Italo-Western über Tornatores „Cinema Paradiso“ oder „Der Profi“ (die Komposition „Chi Mai“) zu hören gewesen sein. Er schrieb in seiner Musikerkarriere aber auch Pop-Arrangements sowie Kammermusik für Solisten und diverse Formationen, komponierte Kantaten und Messen.

Dass seine Kompositionen auch ohne Kinoleinwand funktionieren, demonstrierte der Maestro vor fünf Jahren bei einem ausverkauften Auftritt in der Region, vor über 5000 Zuschauern in der „Coque“ in Luxemburg. Gemeinsam mit 70 Mitgliedern des des gemischten Kodaly-Chors und über 80 Orchestermusikern des Tschechischen National-Symphonieorchesters. Es steckte mehr als nur ein bisschen Lebensbilanz in Morricones „My Life in Music“. Es war ein Beleg dafür, dass der Römer immer den richtigen Ton findet. Beim Gangster-Epos „Die Unbestechlichen“ oder einem italienischen Science-Fiction-Film wie H2S. Ein Gänsehautmoment des Abends ist „The Ecstasy of Gold“ mit der durch die Oktaven schwebenden Sopranistin Susanna Rigacci. Der Abend war ein Erlebnis für die Zuschauer.

Auch wenn Morricone immer mit gemischten Gefühlen in Konzerte ging. Der alte Meister galt als Perfektionist. „Ich bin nervös, weil es immer ‚Unfälle’ geben könnte. Ein Instrument trifft den Ton nicht. Vielleicht merken es die Leute nicht, aber ich merke es“, sagte er mal in einem Interview. Mit der Filmmusik hatte er kurz vor seinem Tod abgeschlossen. Auch, weil das Geschäft sich geändert habe. „Früher gab man Geld aus, jetzt neigt man dazu, mit Synthesizern und Dilettanten bei der Musik zu sparen“, sagte er Ende 2019.

 Abschied von einem Meister der Filmmusik: Der italienische Komponist Ennio Morricone ist am Montag im Alter von 91 Jahren in seiner Heimatstadt Rom gestorben.

Abschied von einem Meister der Filmmusik: Der italienische Komponist Ennio Morricone ist am Montag im Alter von 91 Jahren in seiner Heimatstadt Rom gestorben.

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Morricone starb am Montagmorgen im Alter von 91 Jahren. Er selbst schrieb sich einen anrührenden Nachruf, in dem er sich eine kleine, private Beerdigung wünscht: „Es gibt nur einen Grund, warum ich mich so verabschiede und ein privates Begräbnis haben möchte: Ich möchte nicht stören“, zitierte die Nachrichtenagentur Ansa aus seiner Botschaft, in der Morricone auch Freunde, Familie, seine vier Kinder und seine Enkel erwähnt. Er erinnert an seine Frau Maria, die er 1956 heiratete, mit den Worten, es sei eine „außergewöhnliche Liebe, die uns zusammenhielt und die ich leider aufgeben muss“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort