Er reist ja nicht, um anzukommen

Trier · Wenn er keine Musik macht, schreibt er Geschichten. Kürzlich hat der Trierer Autor und Musiker Christoph Riemenschneider einen neuen Erzählband vorgelegt. Darin geht es um das, was dem Flötisten Lebensprinzip ist: immerwährende Bewegung.

 Der Trierer Autor Christoph Riemenschneider. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Der Trierer Autor Christoph Riemenschneider. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Foto: Eva-Maria Reuther (er) ("TV-Upload Reuther"

Trier. "Neue Meere wollte ich befahren, in unbekannte Tiefen vorstoßen, Stürme meistern, hinter den Horizont schauen, die Schatzinsel finden." Wer wäre nicht mal so aufgebrochen wie der Segler in Christoph Riemenschneiders Erzählung "Die Flaschenpost"! Damals, als das Leben und damit die ganze Welt noch vor einem lag.
Manch einem ist es dabei gegangen wie dem Mann im Boot, durch dessen Lecks das Wasser dringt und der als nautischer Hans im Glück der Abenteuer und der Stürme müde geworden ist. "Die Flaschenpost" ist die erste und die eindringlichste Geschichte im neuen Erzählband "14 Arten das Reisen zu beschreiben", dem zweiten Buch des Autors der "Vereinschronik".
"Am liebsten fröhlich"


"Ich wusste schon, warum ich die Erzählung unbedingt an den Anfang stellen wollte", lacht der schmale Mann mit dem fragenden Blick. Auch wenn er seine bevorzugte Stimmungslage als "am liebsten fröhlich" beschreibt, wirkt der gebürtige Hunsrücker wie ein zutiefst nachdenklicher Mann. Ein fürsorglicher ist er noch dazu. "Ich habe einen Tisch im Schatten ergattert", hatte er noch kurz vor unserm Treffen an diesem selten heißen Sommertag gesimst. Da sitzt er jetzt angenehm im Kühlen gegenüber dem Bühneneingang des Theaters und hat "jede Menge" Zeit.
Ein Heimspiel, was den Ort angeht, denn Christoph Riemenschneider ist im Hauptberuf Piccolo-Flötist und stellvertretender Soloflötist beim Philharmonischen Orchester der Stadt Trier. Klangrede und das geschriebene Wort sind die beiden Sprachen, zwischen denen er ständig als Musiker und Autor hin- und herwechselt. Das Schreiben sei seine ganz eigene Art, sich mitzuteilen, erklärt der 1968 geborene Schriftsteller. Die eigene Sicht auf die Welt wolle er dabei klären und anderen klarmachen. Da geht es dann auch immer um Selbstfindung, wenn er über Stunden am Schreibtisch sitzt, um in die unbekannten Tiefen der eigenen Seelenwelt zu tauchen.
Schwimmen, radeln, fantasieren

Er reist ja nicht, um anzukommen
Foto: (g_kultur


"Ich habe schon in der Grundschule mit dem Schreiben angefangen", erzählt der Autor, "das Schreiben wurde mir zur alltäglichen Beschäftigung-" Inzwischen ist dem Wahltrierer das Schreiben zur vitalen unverzichtbaren "Lebensäußerung" geworden. Nicht zuletzt die unzähligen Arten, mit Sprache umzugehen, ihr Facettenreichtum, die Möglichkeit, sich über ihre Vielfalt die schillernde Vielfalt der Welt anzueignen, faszinieren den Schriftsteller. Und dann ist da vor allem die geistige Bewegung. Der Familienvater und Ehemann einer Pianistin ist so etwas wie ein unentwegt Reisender in der Sprache.
Beweglichkeit ist Riemenschneider überhaupt seit jeher wesensmäßig. Von Anfang an war klar, dass der junge Student zum Musikstudium in die Welt zog, nach Würzburg, Wittenberg und an die Folkwang-Universität in Essen. Bewegung bedeutet auch der ständige Wechsel zwischen Sprache und Musik. Wobei es in beiden Fällen darum geht, sich im Rahmen des klaren Regelwerks frei auszuleben und in Wort und Klang, Geist und Gefühl zu verbinden.
Selbst in der Freizeit ist Bewegung angesagt, wenn der hochgewachsene Mann schwimmt oder mit dem Rad unterwegs ist. Das Unterwegssein ist es, nicht das Ankommen. Nicht nur im Leben des Autors. Seltsame, anrührende Leute sind auch in Riemenschneiders reizvollem Erzählband unterwegs, per Schiff, per Bahn und sonst wie. Skurril, witzig, fantastisch, nachdenklich und manchmal ein wenig melancholisch geht es in seinen Geschichten zu. Aber das liest man am besten selbst, allein der geistigen Bewegung wegen.
Christoph Riemenschneider, 14 Arten, das Reisen zu beschreiben, Gollenstein Verlag, 132 Seiten, 12,90 Euro, auch als E-Book erhältlich.

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