Erstes Klassik-Public-Viewing in Rheinland-Pfalz: Beethoven vor der Trierer Basilika

Trier · Zum 30. Geburtstag des Mosel Musikfestivals gibt es ein Geschenk: Beethoven für alle. Wer will, kann das Eröffnungskonzert bei einem Picknick kostenlos auf dem Basilikavorplatz verfolgen.

Klassik ist nur was für Leute mit Geld, grauen Schläfen, gehobener Bildung und Abendgarderobe? Nicht mit Beethoven! Der ist am Freitag, 17. Juli, ab 20 Uhr in Trier für alle da.

Zur Eröffnung des 30. Mosel Musikfestivals überrascht Intendant Hermann Lewen sein Publikum und alle, die spontan Lust auf ein Klassik-Public-Viewing haben, mit einem ungewöhnlichen Geburtstagsgeschenk: Das erste Konzert der 30. Festivalsaison wird nicht fürs Radio aufgenommen, sondern auch kostenlos aus der Konstantinbasilika auf eine 23 Quadratmeter große Videowand übertragen.

Und der leicht ansteigende Platz vor jener Aula, in der einst der römische Kaiser regierte, soll sich - so die Hoffnung - mit Menschen füllen, die auf Campingstühlen, Picknickdecken und den dunklen Steintreppen sitzend Klassik genießen, selbst mitgebrachten Wein trinken und ihren Krumpernsalat aus der Tupperdose löffeln.

Drinnen in der Basilika spielt die Deutsche Radio Philarmonie Saarbrücken-Kaiserslautern Ludwig van Beethovens berühmte Missa Solemnis - jenes Werk, das der berühmte Komponist selbst als sein Gelungenstes bezeichnete. Es singen der Mainzer Bachchor und international gefeierte Solisten. Ein Werk, unter das Beethoven handschriftlich notierte: "Von Herzen - möge es wieder - zu Herzen gehen".

"Ich hoffe, die Skater haben Verständnis dafür, dass wir ihren Platz brauchen ", sagt Lewen beim Pressetermin. "Freude schöner Bretterfunken", wirft ein Journalist ein. Für alle und natürlich auch für die Skater soll Beethoven an diesem Abend da sein - sogar zwei Mal, wenn gewünscht: ab 20 Uhr live und ab 21.45 Uhr in der Wiederholung.

"Das ist das erste Mal, dass es so etwas in Rheinland-Pfalz gibt", sagt Triers Kulturdezernent Thomas Egger, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Festivalgesellschaft ist. Ein Angebot, mit dem das Festival auch gegen das Klischee kämpfen möchte, elitär zu sein.

Lewen hat den Journalisten extra eine Auflistung mitgebracht, die zeigt, wie teuer andere Festspiele sind: In Salzburg kostet der Eintritt demnach 430 Euro, in Bregenz 135, in Baden-Baden immer noch 110 und in Bayreuth schlägt der Pausensekt mit 14 Euro zu Buche. "Wir sind keine Billiganbieter, aber wir übertreiben auch nicht", sagt Lewen. Der Eintritt koste im Schnitt 35 Euro, der Sekt unter fünf und das Programmheft sei kostenlos.

Mithilfe der Videowand will Lewen tagsüber aber auch auf die 30-jährige Geschichte des Mosel Musikfestivals aufmerksam machen. Als es 1985 startete, war es eins von fünf Festivals in Deutschland. Inzwischen sind 500 daraus geworden. Klassik boomt.

"Wir haben eine breite Bevölkerungsschicht zwischen 50 und 70 Jahren, die so gut gebildet ist wie die Generationen vor ihr nicht", sagt Lewen und prophezeit, dass der Markt für klassische Konzerte mit der alternden und üppig erbenden Gesellschaft weiter wachsen wird.

Denn manchmal liegen Klischees gar nicht so daneben. "In die Oper und zu klassischen Konzerten: Da geht man in der Reife seines Lebens hin", sagt Lewen.

Mit grauen Schläfen, Geld in der Tasche und in schicker Garderobe. Jedenfalls dann, wenn es Beethoven gerade nicht draußen und für alle gibt.Hintergrund Mosel Musikfestival

In seiner 30. Saison bietet das Mosel Musikfestival mehr als 50 Konzerte an 35 verschiedenen Spielstätten. Los geht's am 17. Juli mit Beethoven in der Basilika, wo am 3. Oktober auch das Schlusskonzert erklingt. Dazwischen locken ganz unterschiedliche Musikrichtungen an ganz unterschiedliche Orte: Es gibt Jazz im Kelterhaus, Brass im Wingert, Bruckner im Dom und Bach am Bach. Weltstars kommen. Aber auch vielversprechende Nachwuchskünstler. Ein ausführlicher Vorbericht folgt. Infos unter www.moselmusikfestival.de

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