Es geht ums Überleben

Letztes Jahr um die gleiche Zeit waren die Erwartungen groß. Die städtische Kulturpolitik hielt dem alten Intendanten Lukas-Kindermann Versäumnisse und Planungsfehler vor und erweckte den Eindruck, man brauche nur alles richtig zu machen, dann stürmten die Massen die Theaterkasse.

Es ist anders gekommen. Die nüchternen Zahlen sagen: Das Theater ist in Schwierigkeiten. Manches davon muss der neue Intendant auf die eigene Kappe nehmen: Der Verzicht auf einen kompetenten Leiter fürs Musiktheater, der Komplett-Rausschmiss der alten, mit dringend benötigten Trierer Lokalkenntnissen ausgestatteten Dramaturgie, die zunehmende Konfusion in der Endphase der Spielzeit, unnötige Stockfehler. Aber festzuhalten bleibt auch, dass zum mangelnden Glück noch Pech kam: Ohne die Serie erkrankungsbedingter Absagen und das Quo-Vadis-Debakel hätte die Bilanz am Ende ganz passabel ausgesehen. Den unübersehbaren Mängeln steht gegenüber, dass die Marschrichtung insgesamt stimmt. Das Zugehen auf Schüler, Studenten, neue Publikumsschichten ist überlebensnotwendig für das Theater. Zuschauerschwächere Spielzeiten hat es immer mal wieder gegeben, wirklich fatal ist der permanente, scheinbar unaufhaltsame Abwärtstrend. Massivstes Merkmal: Der Zuwachs durch die 2001 von der Träger-GmbH übernommenen Antikenfestspiele ist längst aufgebraucht. Nun ist Theater nie mehrheitsfähig. Aber wenn es nicht einmal mehr den Bedarf einer stabilen Minderheit deckt, dann verliert es in Zeiten knapper Gelder schnell seine Legitimation. Zumal dann, wenn um die Ecke in Luxemburg ein großer Konkurrent entstanden ist - übrigens nicht nur fürs Theater, sondern auch für das Orchester, dessen Konzerte längst nicht mehr ausverkauft sind. Die gemeinsame Zukunft in der Region, die Aufgabenteilung zwischen Trier und Luxemburg, die langfristige Perspektive für das Theater: All' das müsste eigentlich längst Gegenstand einer öffentlichen Strukturdiskussion sein, wenn man nicht irgendwann schmerzhaft von der Macht des Faktischen eingeholt werden will. Aber dafür müsste es in Trier und Umgebung eine Kulturpolitik geben, die diesen Namen verdient. d.lintz@volksfreund.de

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