"Es ist eben eine Gratwanderung"

TRIER.Mit einer Kombination aus Antiquariat und Galerie ist das Kunsthaus am Museum in Trier erfolgreich. Es zeigt alte Bücher, moderne Kunst und mehr. Vor allem Luxemburger schätzen das Angebot.

"Alles eine Frage von Stand- und Spielbein", sagt Peter Fritzen, Leiter des Kunsthauses am Museum. Nur so könne eine Kunstgalerie heutzutage erfolgreich sein. "Bei uns ist das finanzielle Standbein das Antiquariat am Dom, das Spielbein ist das Kunsthaus", ergänzt der Kunsthistoriker. In das Kunsthaus kommen Kunstkenner und -Liebhaber, die Werke zeitgenössischer Künstler genau wie antiquarische Bücher möchten - von der 500 Jahre alten Inkunabel bis zur modernen Grafik. Außer für Bildhauerei, aus der er den Begriff "Stand- und Spielbein" entlehnt hat, hat Fritzen ein Faible für alte Bücher und moderne Kunst. Beim Gang durch die Räume des Kunsthauses gerät er ins Schwärmen, als sehe er die Zeichnungen der laufenden Ausstellung zum ersten Mal.Observierende Tier-Augen

"Die Zeichnungen von Johannes Karl Gotthard Niedlich sind einfach fantastisch. Schauen Sie sich einmal die Blicke der Tiere an. Diese Eule, die Kuh, die Katze - alle scheinen den Betrachter zu beobachten." Er ist begeistert. Ein Raum weiter liegt eine alte Handschrift auf einem Holztisch, ein vollständiges Exemplar der Explanatio psalmorum von Augustinus aus dem Jahr 1489. "Sehen Sie die Initiale am Beginn des Textes, die kräftigen Farben. Und hier am Einband kann man noch Spuren von Messing-Ziernägeln finden", erläutert Fritzen. Eine gehörige Portion Leidenschaft und ein solides Konzept sind wohl die Zutaten, die den Erfolg der Galerie ausmachen. Zu Anfang war es laut Fritzen aber eher "learning by doing". Zusammen mit seinem Freund Peter Schwarz und zwei weiteren Kollegen gründete der aus der Eifel stammende Kunstliebhaber 1987 ein Antiquariat mit Galerie in der Trierer Simeonstraße. Er sei von Anfang an der "Mann für die Grafik" gewesen. 1992 zog das Antiquariat in die Sternstraße. Doch Platz war rar. "Wir hatten 500 historische Landkarten, von denen wir immer nur zwei auf einmal zeigen konnten - das sollte sich ändern." Lange suchten Fritzen und Schwarz nach geeigneten Räumlichkeiten für eine Galerie. Bis sie das Gebäude in der Ostallee fanden. Inklusive Büroräume stehen dem Kunsthaus jetzt 220 Quadratmeter zur Verfügung, davon 150 Quadratmeter für Wechselausstellungen. "Wir sind 2002 nicht blauäugig mit dem Kunsthaus hier eingezogen", sagt Fritzen. Man habe den Markt schließlich 15 Jahre lang analysiert. Die erste Ausstellung zeigte Werke Bruno Müller-Linows, dem ersten Leiter der Trierer Werkkunstschule nach dem Krieg. Es folgten die Trierer Klaus Swoboda, Philippe Schulte, der Luxemburger Arthur Unger, Elke Daemmrich und derzeit Niedlich. Die nächste Ausstellung wird am 13. März eröffnet. Dann werden Bilder von Jutta Wessels, Buchillustrationen von Herbert Holzing und Lithografien von Günter Grass zu sehen sein.80 Prozent Stammkunden

Etwa zehn Besucher pro Tag kommen ins Kunsthaus, 80 Prozent sind Stammkunden. Zur ersten Ausstellung wurden 300 Gäste zur Vernissage eingeladen, heute sind es 1500, rechnet Fritzen stolz vor. Das Publikum bestehe zu 50 Prozent aus Trierern, doch bei den Käufern überwiegten die Luxemburger - sie machen 60 Prozent aus. "Die Luxemburger sind beweglich und interessieren sich sehr für Trierer Künstler", sagt er. Man müsse eben "mit Qualität überzeugen." Ausstellungen, Kundenbetreuung, Recherche nach Künstlern oder interessanten alten Stücken, Messebesuche - es ist viel zu tun. Für das Kunsthaus arbeiten vier Praktikantinnen. Bei allen Erfolgen: Sicherheit oder Garantien habe man als Galerist nie. "Für den Galeriebetrieb des Kunsthauses hatten wir eine eingebaute Reißleinenzeit", sagt Fritzen. Und: Noch könne sich die Galerie verändern, wenn es der Markt erfordere, wenn die modernen Ausstellungen "nicht funktionieren". Wahrscheinlich werde der Schwerpunkt in Zukunft mehr auf Arbeiten auf Papier und Buchillustrationen liegen. "Es ist", sagt Fritzen "eben eine Gratwanderung." Kunsthaus am Museum, Ostallee 45, 54290 Trier. Mi. bis Fr. 12 bis 19 Uhr, Sa. 10 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung. Telefon: 0651/4367673, E-Mail: kunsthaus.am.museum@t-online.de

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