Kultur „Es ist mehr, als die Sonntagsmesse auf der Orgel zu begleiten“

Prüm · Tausende Besucher kennen und schätzen auch seinetwegen die Prümer Basilika als Ort großartiger Konzerte: Regionalkantor Christoph Schömig hat in den vergangenen 26 Jahren  anspruchsvolle und mutige musikalische Projekte verwirklicht. Nun kommt der Ruhestand. Wirklich?

 Christoph Schömig hat während seiner 26 Jahre als Regionalkantor in Prüm großartige Konzerte in der St. Salvator Basilika verwirklicht.

Christoph Schömig hat während seiner 26 Jahre als Regionalkantor in Prüm großartige Konzerte in der St. Salvator Basilika verwirklicht.

Foto: Nowakowski Vladi

Ausgerechnet am 1. Dezember, dem ersten Tag seines Rentnerdaseins, nimmt sich Christoph Schömig Zeit für ein Gespräch mit unserer Zeitung. Bei der Frage, ob man ihm denn nun gratulieren soll, winkt Schömig lächelnd ab. Denn kurz nach dem Gespräch auf der Empore, wo eines seiner wichtigsten Arbeitsgeräte steht, die Orgel der Basilika, hat er einen Termin mit dem Pastor.

Denn der Ruhestand ist aufgeschoben: „Es gibt noch keinen Nachfolger“, sagt der Regionalkantor, „Und das in der Adventszeit. Also werden wir gleich besprechen, welcher Art die musikalische Begleitung der anstehenden Messen sein soll. Ich bleibe also noch an Bord.“ 

Ein Blick in den Kalender zeigt: Christoph Schömig hat noch im Dezember elf Einsätze in der Basilika und wird darüber hinaus vier Chorproben leiten. Vom Rentnerdasein keine Spur – aber welcher Musiker legt schon mit 65 Jahren die Noten und Instrumente beiseite und die Hände in den Schoß? Schömig zählt nicht dazu. Im Gegenteil.

Der 1956 in Wesel geborene und seit 1996 vom Bistum Trier am  „Dienstsitz Basilika St. Salvator Prüm“ eingesetzte Regionalkantor, plant bereits Konzerte mit dem Kammerchor Westeifel im kommenden Jahr.

„Wir hoffen, dass uns die Pandemie keinen Strich durch die Rechnung macht“, sagt Schömig. Denn vorgesehen sei, „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms aufzuführen, erzählt Christoph Schömig. „Daran wird neben dem Kammerchor auch die Junge Philharmonie Bonn mitwirken. Alles in allem sind rund 120 Musiker und Musikerinnen involviert.“ Das Requiem, „eine Komposition, die Trost spenden soll und nicht die klassische Himmel und Hölle - Geschichte ist“ (Schömig), soll am 16. Oktober in der Basilika aufgeführt werden. „Ein besonderes Werk.“

Der Anspruch, inhaltlich und musikalisch auch mal andere Wege zu gehen, prägt Schömigs  Arbeit in Prüm. „Als Regionalkantor und Leiter der Fachstelle Kirchenmusik in Prüm war es mir immer ein Anliegen, dem Publikum auch zeitgenössische Werke zu bieten. Der Beruf bringt meiner Auffassung nach mehr mit sich, als nur die Sonntagsmessen auf der Orgel zu begleiten“, sagt Schömig.

In den vergangenen 26 Jahren bot sich unzähligen Konzertbesuchern so die Gelegenheit, neben den klassischen Oratorien  (Johannes-Passion, Weihnachtsoratorium von J.S. Bach; Messias von Händel; Haydns „Schöpfung“ und vielen anderen mehr), Werke zu erleben, die in einem Gotteshaus eher selten zu Gehör gebracht werden. Dazu zählten unter anderem Aufführungen wie „The armed Man“, von Karl Jen­kins oder „Sacred Concert“ von Duke Ellington. Konzerterlebnisse, die so manchem Besucher unvergesslich bleiben werden. Am Dirigentenpult, wie immer, Christoph Schömig – und in einer der weiteren Hauptrollen stets die Basilika: „Der Kirchenraum hat eine hervorragende Akustik“, sagt der scheidende Regionalkantor. Der Klang des Innenraums eigne sich dazu, auch ganz andere musikalische Pfade zu beschreiten: „Chorimprovisationen, lassen sich hier perfekt umsetzen“, berichtet Schömig. Und wer dabei war, kann nicht umhin, als das zu bestätigen.

Aufführungen zeitgenössischer a cappela-Werke, bei denen der Chor beispielsweise  über den gesamten Kirchenraum verteilt war, oder die Sängerinnen und Sänger ständig die Positionen wechselten, waren spektakuläre Erlebnisse – Programme mit Text und Musik, wie der Abend mit Rezitationen der Werke des Autors und Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch, Minal-Musik von Phillip Glass, all das hatte Schömig, stets in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Chorensembles in Prüm angestoßen. „Im Raum stand die Frage, wenn wir das nicht machen, wer dann“, sagt Schömig. Doch es habe stets der Gedanke vorgeherrscht, dem Publikum eine Chance zu geben, die Musik nachvollziehen zu können. „Kompositionen von Karl-Heinz Stockhausen hätte ich hier nicht aufgeführt.“

Der Regionalkantor im bisher lediglich nach dem Datum eingetretenen Ruhestand wird der Abteistadt also weiterhin erhalten bleiben, ein Nachfolger ist noch nicht in Sicht. Ebenso erfreulich: Schömig und seine Ehefrau wollen in Prüm bleiben: „Es gefällt uns hier sehr“.

Was ihm in seiner Zeit als Regionalkantor neben den vielen erfolgreichen Konzerten besonders wichtig gewesen ist? „Es ist immer eine große Freude, wenn ein Pastor und ein Musiker es gemeinsam schaffen, mit einem Gottesdienst die Menschen zu berühren“, resümiert Schömig und er fügt hinzu: „Bei unseren Chorproben wurde oft gelacht, die Sängerinnen und Sänger sind immer gerne gekommen. Das weiß ich sehr zu schätzen.“

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