Es war einmal in ferner Zukunft ...

Seit drei Jahrzehnten tobt der Krieg der Sterne. Das Märchen um die Jedi-Ritter und das Imperium wurde von Kritikern als trivialer Kitsch verurteilt und revolutionierte dennoch die Unterhaltungsindustrie.

Gigantische Raumschiffe. Außerirdische vom Pelz-bedeckten Kampfteddy bis zum Rüssel-schwingenden Weltraum-Killer. Der jugendliche Held. Die schöne Prinzessin. Die böse Militärdiktatur. Die tapferen Rebellen. Und zum Schluss der ruhmreiche Sieg der Guten. Als "Star Wars" im Mai 1977 in den amerikanischen und im Februar 1978 als "Krieg der Sterne" in den deutschen Kinos anlief, blickten viele Cineasten und Kritiker verächtlich auf den eher simplen Inhalt herab. Die späten Siebziger schienen keine gute Zeit für derart keimfreie Zukunftsmärchen zu sein, in denen man nicht mit Kugeln, sondern mit Lichtblitzen aufeinander schießt.Piepende Mülleimer spielen tragende Rollen

Es war auch tatsächlich ein gewagter Schritt des jungen Regisseurs George Lucas, heute 63, und des Studios 20th Century Fox, dem nach Vietnam, Watergate und der Öl- und Wirtschaftskrise ebenso politisierten wie auch traumatisierten amerikanischen Publikum einen Film vorzusetzen, der mit dem Satz "Es war einmal in ferner Zukunft" beginnt und in dem Figuren wie der an einen piependen Mülleimer erinnernde Roboter R2D2 tragende Rollen spielen.Und so provozierte "Star Wars" die gigantischste Fehleinschätzung der Kinogeschichte. Denn das Weltraum-Märchen des George Lucas endete nicht als Flop, sondern wurde zu einem weltweiten Kult, der auch heute, 30 Jahre nach seinem Beginn, jeden Tag rasend schnell wächst. Dabei sind die im Mittelpunkt stehenden sechs Kinofilme, unterteilt in zwei Trilogien, nur ein Teil des Ganzen. Bücher, Comics, Nebenfilme, Fernsehserien, Spielfiguren, Kostüme und weitere Produkte einer enormen Merchandising-Maschine finden zwischen Alaska und Australien immer neue Käufer. Kongresse, Versammlungen und Fan-Treffen führen weltweit die heute nahe an den 40 stehenden Fans der ersten Stunde, die den Krieg der Sterne als Knirpse in ihrem Dorfkino kennenlernten, mit begeisterten Teenagern zusammen. 2005 schätzte das Forbes Magazine alle erwirtschafteten Einnahmen in der "Star Wars"-Welt. Das Ergebnis: 20 Milliarden Dollar."Star Wars" ist ein einzigartiges Stück Kino. Es gibt kein anderes Projekt, das zuerst den Schluss einer Geschichte erzählt und dann 20 Jahre später den Anfang präsentiert. George Lucas überschrieb den ersten Star-Wars-Film 1977 als "Episode IV: Eine neue Hoffnung". Es herrschen dunkle Zeiten: Das Imperium, Symbol des Bösen, unterdrückt die Galaxis mit militärischer Macht. Die Jedi-Ritter, den japanischen Samurai ähnelnde Kämpfer für Recht, Ordnung, Frieden und Freiheit, sind ausgerottet worden. Überhaupt: Die Jedi-Ritter. Die Hüter der Galaxis sind einer der Geniestreiche des George Lucas. Ein Jedi hat übernatürliche Fähigkeiten: Telepathie, Telekinese, extrem gesteigerte Reflexe und Kampfstärke mit dem eleganten Lichtschwert. All das erlangt er natürlich nur nach einem langen asketischen Dasein voller Training und Meditation. Danach beherrscht er die "Macht" (im englischen Original "The Force"), ein "alles Lebende umgebendes Energiefeld". Auf die Idee, die "Macht" dem Einfluss von Symbionten in Molekulargröße zuzuschreiben, kamen die Drehbuchautoren erst in der zweiten Trilogie.Die Jedi sind demnach die Guten. Leider haben sie bereits im Vorfeld der ersten Trilogie gegen die Bösen verloren. Eine ideale Ausgangsbasis für den jugendlichen Helden Luke Skywalker. Im ersten der sechs Filme findet er seine Bestimmung als Jedi-Ritter, wird vom letzten noch übrigen Veteranen Obi-Wan Kenobi, gespielt von Sir Alec Guiness, ausgebildet, rettet die schöne Prinzessin und zerstört die gefährlichste Waffe des Imperiums, den Todesstern. Fanfaren, Jubel, Abspann. Kompliziert wird die Lage erst im zweiten Film der ersten Trilogie, "Das Imperium schlägt zurück" (1980), nach der Lucas-Logik Episode V.In dieser stellt sich heraus, dass der jugendliche Held und die schöne Prinzessin Bruder und Schwester sind und zudem von Lucas größten Geniestreich, dem Symbol des Bösen, abstammen: Darth Vader. Seine Markenzeichen. Schwarzer Helm, schwarze Rüstung, schwarzes Cape, absolute Skrupellosigkeit und Brutalität.Kultiger Gnom, kultige Atemgeräusche

Die Geräusche seiner Atemmaske gehören zu den bekanntesten und eindeutigsten Soundeffekten in der Geschichte der Science Fiction.Die Kurzfassung des weiteren Geschehens: Luke Skywalker wird vom Meister-Jedi-Kampf-Gnom Yoda, dessen rückwärts gerichteter Satzbau ebenso Kult ist wie Vaders Atemgeräusche, weiter ausgebildet und gewinnt am Ende des dritten Teils der ersten Trilogie "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" 1983 schließlich zusammen mit der Rebellenflotte die letzte Schlacht gegen das Imperium. Der zweite Todesstern explodiert ebenso wie der erste, und zum glücklichsten alles Happy Ends trägt die Läuterung von Darth Vader bei, der schließlich auf die gute Seite wechselt und seinen Meister, den Imperator, eigenhändig in einen endlos tiefen Schacht wirft, bevor er stirbt. Die Guten gewinnen also doch. Die schöne Prinzessin übrigens, die als Belohnung für den jugendlichen Helden nicht mehr in Frage kam, wurde dem sympathischen Schurken zugeteilt: Han Solo alias Harrison Ford. Der einzige Star-Wars-Darsteller, der später zum absoluten Hollywood-Superstar wurde. Für Mark Hamill (Skywalker) und Carrie Fisher (Prinzessin Leia) blieb "Star Wars" ihr einziger wahrer Erfolg. 16 Jahre lang mussten die Fans warten, bis George Lucas den Beginn der Geschichte in drei weiteren Filmen erzählte: "Die dunkle Bedrohung" 1999, "Angriff der Klonkrieger" 2002 und "Die Rache der Sith" 2005. Deren zentrales Thema: Das Böse wächst heran, das Imperium entreißt der demokratischen Föderation die Macht, die Jedi-Ritter werden in einem beispiellosen Akt des Verrats ausgerottet, aus dem guten Anakin Skywalker wird der böse Darth Vader, der heimtückische Senator Palpatine entpuppt sich als Sith-Lord und wird zum Imperator. Weltweiter Erfolg

Die Sith sind eine Art böse und pervertierte Jedi und derart gefährlich, das sie nur in kleinen Stückzahlen auftreten, da sie sich sonst in ihrer pechschwarzen Bösartigkeit gegenseitig ausrotten würden. Dazu sagt Yoda: "Immer zu zweit sie sind. Ein Meister und ein Schüler." Auch wenn der zweiten Trilogie natürlich der Zauber und die Innovation der ersten fehlte, wurde sie ebenfalls zum weltweiten Erfolg - obwohl jeder genau wusste, wie traurig die Geschichte am Ende der "Rache der Sith" ausgeht. Das Böse siegt, die Guten fliehen. Das Projekt "Star Wars" war zwischen 1977 und 2005 in 22 Fällen für einen Oscar nominiert und hat zehn erhalten. Die unverkennbare Filmmusik brachte dem Komponisten John Williams fünf Grammys und einen Golden Globe ein. Das von George Lucas gegründete Studio für Spezialeffekte "Industrial Light and Magic" wurde zu einem Großen der Tricktechnik-Branche und erschuf sowohl Arnold Schwarzeneggers flüssigen Widersacher in "Terminator 2" als auch die Dinos in "Jurassic Park"."Star Wars" ist ein gesellschaftliches Phänomen und einer der Beweise, wie enorm groß der Einfluss der Filmindustrie sein kann. Ob 1977 oder 2007: Wie hart die Zeiten auch sein mögen, ein kurzer Ausflug in eine ferne Galaxis schadet nicht.

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