Trier Was israelische Künstler in Trier ausstellen

Trier · Eine Ausstellung israelischer Künstlerinnen und Künstler, die man auf keinen Fall verpassen sollte, zeigt derzeit die Kunsthalle Trier. Was die Besucher dort erwartet.

Yehudit Sasportas, „Raw Material Nr.3+4.

Yehudit Sasportas, „Raw Material Nr.3+4.

Foto: TV/Eva-Maria Reuther

„Die Nacht ist eine Zeit der Strenge, aber auch der Barmherzigkeit“. Der Satz aus dem Werk  des Nobelpreisträgers Isaak Bashevis Singer kommt einem unmittelbar in den Sinn, steht man vor der schwarzen Fläche, die derzeit die Stirnwand der Kunsthalle in der Europäischen  Kunstakademie in Trier beherrscht.

Das hocheindrucksvolle Bild von Yehudit Sasportas  ist Teil der sechs Positionen der Ausstellung „Israelische Künstler:innen in Deutschland“, die im Rahmen des Festjahrs „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“  in der Halle der Europäischen Kunstakademie gezeigt werden. Die meisten der hier vertretenen Künstlerinnen und Künstler leben in Berlin, wo sich inzwischen wieder eine große jüdische Gemeinde gebildet hat. Zudem arbeiten zahlreiche israelische Künstler dort.

Allerdings ist nicht zu übersehen, dass die Hauptstadt auch ein Hotspot antisemitischer Übergriffe ist. Allein 161 antisemitische Straftaten gab die Berliner Polizei im ersten Halbjahr 2021 bekannt.

„Tfilin“ (Tefillin) heißt  Sasportas eingangs erwähntes Gemälde. Die Tefillin sind kleine Boxen, die an schwarzen Lederriemen  befestigt sind und Texte aus der Tora enthalten. Observante Juden (Juden, die nach den religösen Regeln leben) legen die so genannten Gebetsriemen zum Beten an. Die Riemen werden an Hand, Arm und Kopf getragen. Ganzheitlich sollen sie Hand, Herz und Kopf verbinden und den Gläubigen ermahnen, die Harmonie von Herz und Gehirn bei seinem Tun anzustreben.

Als feine Linien werden  Riemen und Tora- Boxen  in der schwarzen Fläche sichtbar. Sasportas Gemälde ist ein Andachtsbild, von dem eine geradezu mystische Kraft ausgeht. Im Schwarz stellt sich für  den Betrachter die Strenge des göttlichen Gebots dar,  allerdings auch das Wissen um Seelennacht und das dunkle Ringen der Suche nach Gott und seiner Barmherzigkeit.Flankiert wird das Gemälde von drei Schwarz-Weiß-Arbeiten derselben Künstlerin. Sie gleichen mystischen Landschaften mit seltsamen Kreisen, dunklen Flecken  und tiefen Einschnitten, die wie  Verletzungen und geheime Zeichen anmuten.

Die jüdische Tradition der  Schriftkapseln, der „Mezuzah“ (Mesusa)  reflektiert Michal Fuchs in ihrem gleichnamigen Schriftbild. Die Kapsel, die kleine Schriftrollen mit Tora-Texten enthalten, bei denen jeder Buchstabe eine eigene Bedeutung hat, werden zur Mahnung, Gottes Gebot einzuhalten, an den Türrahmen der Zimmer angebracht, in denen gegessen und geschlafen wird. In einem  feierlichen wie beklemmenden Erlebnisraum aus Klang, Bild und Bewegung führt die  Mixed Media Installation  der beiden Künstlerinnen Liat Grayver (die noch eine Einzelarbeit zeigt)  und Yair Kira sowie des Komponisten Amir Shpilman.  Der Titel „Offen, verschlossen, offen“ verweist auf ein Gedicht von Jehuda Amichai,  in dem es um das Trauma des Nationalsozialismus und der Verfolgung und Vertreibung geht.

„Alles fließt, alles  ist in Veränderung“ hat Shpilman einmal gesagt. Die Musik könne in diesem Prozess des ständigen Wandels einen Beitrag leisten, wie die Welt sein könnte. Als Zusammenspiel von Mensch und Maschine zeichnet in Trier ein Roboter zur Musik des Komponisten hebräische Schriftzeichen in den unsteten Sand. Das Verhalten  der Maschine verändert sich mit der Bewegung des Betrachters.

Versatzstücke aus Kunstgeschichte, Literatur  und Populärkultur, darunter Comic und Fußball, aber auch Figuren wie „Kitty White“ verbindet Zohar Fraiman zu poetischen, schaurig-schönen  Traumwelten, in denen die Bilder der Wirklichkeit bisweilen zum Albtraum mutieren. Dabei zitiert sie sinnreich in der Architekur  ihrer Bilder den Aufbau der alten Wandelaltäre, deren Klappflügel die gezeigten Bildwelten jeweils verändern.

Als Thema mit fantasievollen Variationen stellt sich Alma Alloros Mixes Media Arbeit „Remixing Big Screen“ mit ihren geometrischen  Formen dar.

Die Ausstellung läuft bis zum 31. Dezember, Dienstag bis Freitag von 11 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag von 11 bis 17. Uhr. Weitere Informationen unter kunsthalle-trier.de

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