"Exoten erlaubt man es eher, emotional zu sein"

TRIER. Er hat in seiner Jugend Klassik gesungen, wollte Jazz studieren und hat in einer Bluesband und als Gitarrist in einer Heavy-Metal-Band mitgewirkt. Jetzt macht Laith Al-Deen souligen deutschen Pop und ist damit sehr erfolgreich. Über die Zukunft der deutschsprachigen Musik spricht er im TV -Interview.

Vom Heavy-Metal-Gitarrist zum Pop-Sänger. Womit müssen ihre Fans noch rechnen? Al-Deen: Wenn ich überhaupt irgendwie ein musikalisches Ziel hatte, dann immer das, nicht still zu stehen. Nach drei Platten, die man fast in einem Guss hören kann, wollen wir den akustischen Faktor und auch ein bisschen Rock und Blues ans Tageslicht fördern. Ob das gelingt, wird sich zeigen. Wir gehen im November erstmal in die Produktion und ich vielleicht zurück zu meinen musikalischen Wurzeln. Wir werden sehen, was daraus wird... ...vielleicht ein Doppelleben wie bei Pop-Star Sascha mit seiner eher rockigen Band "Dick Brave"? Al-Deen: Damit hat er definitiv den Traum einiger Musiker verwirklicht. Das fällt aber eher flach, weil man sonst gleich der Nachahmung bezichtigt würde. Aber man muss vielleicht auch nicht ganz so große Schritte machen und schafft es letztlich, sich nicht komplett zu verbiegen. Warum singen Sie in Deutsch? Al-Deen: Ich hab' mit 17, mit meiner ersten Band, damit angefangen. Über die Sprache, in der wir singen, haben wir uns damals gar keine Gedanken gemacht. Doch das Feedback während eines Konzertes ist ein ganz anderes als bei englischsprachigen Texten. Man kann definitiv nicht von einem Lehrauftrag sprechen, aber ich habe das Gefühl, dass in der deutschen Sprache sehr viel Potenzial ist - und auch ein großer Bedarf seitens des Publikums. Abgesehen davon ist die es meine Muttersprache. Glauben Sie, dass umgekehrt viele deutsche Künstler englisch singen, damit keiner ihre einfachen oder schlagerhaften Texte versteht? Al-Deen: Das ist sehr oft der Fall. Die Anlehnung an den Schlager wird von vielen Musikern gefürchtet, und ich nehm' mich da nicht aus. Es ist für jeden schwer, weil man schnell kitschig oder pathetisch wirkt, was man mit Englisch hervorragend überdecken kann. Ihr Vater ist Iraker, Ihr Name klingt deshalb nicht unbedingt deutsch. Hat man es als Laith Al-Deen oder als Xavier Naidoo leichter, sich für deutsche Musik stark zu machen, ohne engstirnig, weltfremd oder nationalstolz zu wirken? Al-Deen: Theoretisch schon. Viele der "neueren" deutschen Künstler sind Mischlingskinder. Ich glaube, dass man den "Exoten" eher erlaubt, sehr emotional zu sein. Es ist aber auch eine Sache der Erzeugung und Vermittlung von Emotionen durch die gemeinsame Sprache. Man kann als deutscher Musiker mit englischen Texten auf der Bühne niemals ein Bruce-Springsteen-Gefühl erzeugen, mit deutschen Texten schon eher. Um Gefühle, Sehnsüchte und Liebe geht es in Ihren Texten. Ist es schwer, in deutscher - also verständlicher - Sprache über Emotionen zu singen, ohne vom männlichen Publikum als Weichspüler oder Frauenversteher abgestempelt zu werden? Al-Deen: Natürlich - auch beim weiblichen Publikum. Da gibt es auch ganz viele, die sich mit Emotionen nicht auseinander setzen wollen. In den letzen anderthalb Jahren ist der Anteil männlicher Zuhörer immer größer geworden, er liegt jetzt so bei 50/50. Da sind Männer dabei, denen würde man sonst vielleicht eher Musik mit Äxten zuschreiben. Von daher glaube ich, der Bedarf an Identifikation mit Emotionen ist da. Sie leben in Mannheim, der Heimatstadt vieler bekannter Künstler und ersten deutschen Pop-Akademie. Was halten Sie davon? Al-Deen: Man darf die Pop-Akademie nicht als reine Musikerschule sehen, sonst wäre sie sinnlos. Es gibt sicher viele Erfahrungswerte, die man vermitteln kann, andererseits muss man bestimmte Phasen selbst durchleben. Was Kontaktpflege betrifft, ist es eine gute Sache. Ob aber daraus die Pop-Athleten der Zukunft entspringen, weiß ich nicht. Eine Ausbildung zum Pop-Musiker, mit dem Ziel, Kontakte zu pflegen und erfolgreich zu sein - könnte das der Glaubwürdigkeit von Musikern schaden? Al-Deen: Das glaube ich nicht. Letztlich muss sich jeder Musiker beweisen, bevor man ihm irgend etwas glaubt. Und wenn da nicht der große Fernseh-Hype dabei ist, dann muss er das auf der Bühne tun. Das bleibt keinem erspart, ob er jetzt Pop-Akademiker ist oder nicht. k Mit Laith Al-Deen sprach unser Redaktionsmitglied Uwe Hentschel.

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