Expertenmeinung: Joachim Arnold zu den Antikenfestspielen - Ein Feuerwerk abfackeln

Nur wenn Trier das römische und christliche Erbe, die Museen und Bauwerke, Karl Marx und aktuelle Anziehungspunkte wie Mosel, Wein, Kulinarik, Luxemburg in einem Verkaufsprodukt zusammenfügt, wird es Erfolg mit einem Musikfestival haben.

Nur so werden quantitativ messbar auswärtige Besucher kommen.

Image-Inserate bringen nichts: Das Festival muss Karten und buchbare Produkte verkaufen. Es muss in jeder Hinsicht erreichbar sein, was enge Kooperationen mit Touristikern, Messen, Bahn und den Flughäfen der Region voraussetzt. Die touristische Vertriebsplattform von Trier und ganz Rheinland-Pfalz gehört mit ins Boot. Das Programm steht mindestens ein Jahr vorher verbindlich fest. Ein transparent kalkulierter Preis pro Leistung (über das Ticket hinaus) wird kommuniziert.

Ein "Weltstar"-Festival wird Trier weder bezahlen können, noch braucht es das für ein positives Image. Trier hat ein Image, das gilt es auszubauen!

Das Theater Trier hat eine immens wichtige Aufgabe im inneren Kulturleben der Stadt und der Region. Zu Recht ist es in kommunale Trägerschaft eingegliedert. Ein Festival hingegen muss ein Feuerwerk abfackeln. Daher muss es auch eine eigenständige, schnell reagierende, viel stärker wirtschaftlich orientierte und projektbezogene Organisationsstruktur sowie entsprechend qualifizierte und in jeder Hinsicht flexible Mitarbeiter haben. Und andere Künstler präsentieren als der Theater-Alltag.

Das Festival muss gleichzeitig die heimische Bevölkerung begeistern: Nur so wird die Stadt auf den Straßen, in jeder Schaufensterauslage, in den Kneipen und Restaurants nach Festival "schmecken". Das ist primär keine Kostenfrage - muss aber unbedingt aktiv nach innen und außen kommuniziert werden. Ein Auslastungsschlüssel von 70 Prozent einheimischer Besucher und 30 Prozent auswärtiger Gäste ist das ehrgeizige Ziel.

Zeitgemäße Mediennutzung über "Live streaming", Fernseh- und DVD-Produktionen sowie ein attraktiver Internet-Auftritt runden das Erscheinungsbild eines antiken Festivals mit hochmodernem Medienauftritt ab.

Das Festivalprogramm muss populär genug sein, um eine breite Zielgruppe zu generieren, und gleichzeitig seine künstlerische Seriosität - auch über Rahmen-Projekte - unter Beweis stellen. Es gibt genügend Opern- und Theaterstoffe und - künstler, die dies gewährleisten. Da muss das Rad nicht neu erfunden werden. Es sollte keine Dogmen bezüglich der gespielten Autoren und Werke geben. Die Tatsache, dass die alten Spielstätten genutzt werden, ist antike "Programmatik" genug. Und dass gutes zeitgenössisches Theater im besten antiken Sinne eine "kathartische" Wirkung auf das Publikum hat, ist ja wohl unumstritten.

Joachim Arnold

Extra: Der ausgebildete Konzertpianist und Dirigent Joachim Arnold (43, Foto: Rolf Ruppenthal) ist seit einem Jahr Marketing- und Vertriebsdirektor sowie Kommunikationschef am Opernhaus Zürich. Vor 15 Jahren gründete er Musik & Theater Saar, ein privates Unternehmen, das seither unter seiner Leitung unter anderem sehr erfolgreich die Merziger Zeltoper und die Kammermusiktage Mettlach betreibt. Arnold gehörte zu den ersten Absolventen eines europäischen Studiengangs, in dem große Opernhäuser künftige Intendanten ausbilden.

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