EXTRA

Verstehe ich eigentlich Spaß? Klar. Dachte ich bis gerade. Aber dann entdecke ich mich auf der Video-Leinwand. Auf der Bühne textet Comedian Bernd Stelter "Ring of Fire" um, "Wörns, Wörns, Wörns" fleht er, ein Appell an Bundestrainer Jürgen Klinsmann.

Dann der Schwenk ins Publikum. Da bin ich, Gott bewahre, ausgerechnet jetzt. Der 16-Jährige neben mir strahlt über das ganze Gesicht. Die vielleicht 40-Jährige in der Reihe unter mir auch. Nur ich schaue drein, als wären mir gerade auf der Autobahn vier Reifen geplatzt. Nachdem die Freundin per SMS Schluss gemacht hat und die geliebte Katze zum letzten Mal eine Straße überquert hat. Wie Deisler, wenn er an die WM denkt. Dabei gab es schon vorher ein Beweisbild für meine vermeintliche Humorlosigkeit: Vorne singt DJ Ötzi, der Ex-Anton aus Tirol. Von allerlei schlimmen Dingen berichtet er, die er für ein tolles Maderl alle drehen würde. Fünf, sechs, sieeeben Sünden, mindestens. Das Publikum geht mit. Ich stehe auch auf, halb gruppengezwungen, halb, weil so viel Sitzen ja auch schlecht fürs Kreuz sein soll. Ist eben live: Da geht es auch um einen guten Eindruck. Soll keiner meinen, auf Platz 21 im Block C bricht die Sitz-Revolution aus. Wäre ich vor dem Fernseher, hätte ich beim Ötzi wohl fünf, sechs, sieben Mal umgeschaltet. Hätte das wohl nicht mal als Sünde wahrgenommen. Nicht falsch auffassen: "Verstehen Sie Spaß?" ist ein Samstagabend-Klassiker. Den ich immer noch ein bisschen mit Paola und Kurt Felix verbinde, was aber kitschige Kindheits-Verklärung ist. Während bei Frank Elstner immer noch "Wetten, dass?!" im Kopf-Fernsehen flimmert. Elstner kommt wiederum sehr sympathisch rüber, weil er sich nicht wie manche Kollegen in den Mittelpunkt stellt. Und live dabei zu sein ist ohnehin spannender, als das Hochleistungs-Zappen auf der Kunstleder-Couch. Wie beim Fußball: Man kann schauen, wohin man will, kann die eigene Kamera-Perspektive selbst bestimmen. Außerdem finde selbst ich vieles lustig. Manche Einspielfilme, auch Rüdiger Hoffmann, eigentlich auch Ötzis Selbstironie. Weil der Humor ohne Zynismus auskommt und gar nicht erst um 80er-Kinder bettelt. Wenn der 16-Jährige gerade nicht lacht, lache ich. Und sei es nur darüber, wie bescheuert mich Bernd Stelter aussehen lässt, wenn er singt. Andreas Feichtner

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