Familientreffen der Fantasten

Schiffweiler · Es ist das größte Festival seiner Art: Die Fark im Saarland bringt alle zwei Jahre Fantasy-Fans zusammen. Auch eine Trierer Autorin beteiligt sich.

Schiffweiler Benjamin Kiehn hat noch alle Hände voll zu tun. Immer wieder muss der 35-Jährige, der als Geschäftsleiter für Event- und Seminarmanagement arbeitet, das Gespräch unterbrechen. Zum Beispiel, um Anweisungen an den Fahrer des Tiefladers zu geben, der gerade anrollt, um die Terrorismus-Barrikaden von den Straßen des Erlebnisorts in Landsweiler-Reden zu entfernen. 14 Verletzte hat es gegeben; allerdings nur Mücken- und Bienenstiche. Dabei waren viele mit teils imposanten Waffen und Rüstungen unterwegs, allerdings nur zur Schau. Denn hier an der ehemaligen Grube im Saarland, wo sonst Spaziergänger durch den angelegten Wasserpark flanieren, hat am Wochenende die vierte Fark stattgefunden.
Fark steht für Fantasie und Rollenspiel Konvent und bezeichnet die mittlerweile größte Veranstaltung dieser Art deutschlandweit - ein Zusammentreffen verschiedener Popkultur-Fans, Künstler und sogenannter Cosplayer aller Arten und Genres: von Star Wars über Star Trek bis hin zu Animes, Comics, Disney-Produktionen und Kultfilmen à la Alien oder Batman, Superman und Co. Oder wie Benjamin Kiehn es bezeichnet: "ein Familientreffen der fantastischen Szene".
Dieses Jahr haben 42 000 "Familienmitglieder" im Saarland zusammengefunden, um ihren jeweiligen Leidenschaften zu frönen. Darunter auch die beiden Cosplayer Stefan Jehle und Björn Kuhlow, die sich denselben Filmcharakter zum Vorbild genommen haben: den zur Kultfigur avancierten Captain Jack Sparrow, in mehreren Verfilmungen gespielt von Johnny Depp. Dass sich die beiden gerade diese Figur als Vorbild für ihr Cosplay (eine detailgetreue Verkleidung als eine Figur aus Filmen, Comics oder Ähnlichem) ausgesucht haben, ist nicht unbedingt dem eigenen Fan-Sein geschuldet, bei beiden hat vor allem ein Faktor mit reingespielt: die eigene Ähnlichkeit.
"Ich wurde sehr oft darauf angesprochen, dass ich wie ´Johnny Depp aussehen würde", sagt Kuhlow, der auch als German Jack bekannt ist. Auch Jehle bekam Selbiges zu hören, was wohl seiner Meinung nach an dem ikonischen Bärtchen liege, das er zu Zeiten des ersten Films bereits getragen hatte. Als er sich für den Charakter des charmanten Piraten entschied, wollte er vor allem eines: dazugehören. Er war damals oft mit Freunden auf Mittelaltermärkten unterwegs, fühlte sich aber selbst nie als Ritter-Typ, der lockere, freche Pirat sagte ihm da eher zu. Im Internet schrieb er den "German Jack" an, um sich ein paar Verkleidungstipps zu holen.
Auf der Fark trifft man die beiden zusammen am Getränkestand, passend zum Charakter mit einem Rumfläschchen in der Hand. Die ungezwungene Nähe sei es, die Kuhlow an dem Hineinschlüpfen in diese Rolle am meisten genieße: "Man merkt einfach, dass die Leute offen auf einen zugehen, es ist einfach eine Herzensangelegenheit, weil man Leuten etwas Freude schenken kann."
Ums Schenken geht es indirekt auch bei der Fark. Der Erlös der Veranstaltung geht an gemeinnützige Projekte wie die Aktion Sternenregen, die Aktion Herzenssache, die Elterninitiative krebskranker Kinder oder auch die Bolivien Straßenkinderhilfe. Der Eintritt zur Fark ist daher kostenlos, die Messe wird durch Sponsorengelder und die Standgebühren getragen, die Stände geben ein Zehntel ihrer Einnahmen in den Spendentopf. Und auch die eigens zur Fark geschriebene Anthologie wirft zehn Euro pro verkauftem Buch dazu.
Die junge Autorin Stephanie Kempin, die gebürtig aus dem Saarland stammt, hatte die Idee und arbeitete gemeinsam mit der Trierer Fantasy-Autorin Sandra Baumgärtner an dem ersten Buch speziell für die Fark. Ihre Idee war: Ein Meteorit stürzt über dem Gelände, wo das Festival stattfindet, ab und erweckt die alten Sagen- und Märchengestalten Deutschlands, wie die Melusine, den Tatzelwurm oder die Heinzelmännchen, wieder zum Leben. Für ihr Projekt konnten sie gleich mehrere namhafte Autoren gewinnen, wie Tommy Krappweis, Christoph Marzi und Wolfgang Hohlbein. Der machte bei der Lesung am Samstag den Auftakt mit seiner Geschichte zu den altbekannten Heinzelmännchen.
Der bekannte Fantasy-Autor hat schon oft mit der Deutschen Märchengesellschaft zusammengearbeitet und weiß, auch vom Naserümpfen der wissenschaftlichen Kollegen über "den Kommerz", dass das Fantasy-Genre in Deutschland nicht immer einen leichten Stand hatte. Dabei habe es "fantastische Geschichten immer gegeben," sagt er "auch wenn man sie früher anders genannt hat."
"Hier kann jeder aus jeglichem fantastischen Genre seine Kunst und Performance offen zur Schau stellen," sagt Kiehn. "Es geht darum, friedlich und harmonisch ohne Konkurrenz zusammen zu sein." Eben ein Familientreffen der besonderen Art.
Insgesamt brachte die Fark 55 000 Euro Spendengelder zusammen, die von dem dahinterstehenden Verein Fit4Charity verwaltet werden. Da die Mitarbeiter ehrenamtlich tätig sind, findet die Fark nur alle zwei Jahre statt. Fotos von der Fark im Internet: volksfreund.de/fotos

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