Faszinierende Annäherungen

Trier · Mal Lautstark, mal verwirrend, feierlich, exotisch und dabei ganz modern: Das diesjährige Opening in der Trierer Tuchfabrik hat erneut ein Feld für akustische und optische Entdeckungen geboten.

 Ost-westliche Harmonie: Naoko Kikuchi, Koto, und Yumi Kimachi, Klavier. TV-Foto: Martin Möller

Ost-westliche Harmonie: Naoko Kikuchi, Koto, und Yumi Kimachi, Klavier. TV-Foto: Martin Möller

Trier. Es tönt, klirrt und scheppert. Gerhard Stäbler und Komponistenkollege Kunsu Shim geleiten die lautstarke Prozession der rund 60 Besucher zur finalen Erleuchtung auf der obersten Etage der Trierer Tuchfabrik. Unter im großen Saal hatte man ihnen klingenden Schrott in die Hand gedrückt. Oben legen alle das rostige Schlagwerk beiseite, stecken über 3300 Teelichter an, und die Heiterkeit des Aufstiegs mündet in Kerzenduft und Weihestimmung. Feierlicher hätte die Performance unter dem Sammeltitel "Moving Bodies" im dreitägigen Trierer Opening-Festival kaum mehr enden können. Und das Publikum einzubeziehen, ist zwar nicht mehr neu, aber immer noch wirkungsvoll.
Vier Stilbereiche, vier Richtungen


"Brückenschlag" war das Motto, und es war, also wollte das diesjährige Klangkunst-Festival in der Trierer Tuchfabrik in vier Stilbereiche ausgreifen, als wären es vier Himmelsrichtungen. Die Performance von Shim und Stäbler war eine davon, eine andere Christine C. Messners "Salomé-Extrakte".
Irene Kurka, in Tongebung und Darstellung hochprofessionell, und Regisseurin Suna Göncu entwerfen ein Bild umfassender Weiblichkeit - sinnlich und reflektiert, ichbezogen und empathisch. Mit neuer Musik für Klavier und Koto - dem traditionellen Saiteninstrument aus Japan - glückte Naoko Kikuchi und Pianistin Yumi Kimachi der west-östliche Spagat. Und schließlich erinnerte das Ensemble PRAESENZ/blanc im Abschlusskonzert mit einem kultiviert musizierten Haydn-Klaviertrio auch an einen großen Pionier der Vergangenheit.
Monumentale Kraft


Was indes wäre ein Opening ohne klassische Moderne! Die "Three Voices" beispielweise, in der Komponist Morton Feldman aus wenigen Tönen ein Klanggebäude von monumentaler Kraft entwickelt. "Die eindringlichste Veranstaltung am ersten Tag", sagt Thomas Rath, gemeinsam mit Bernd Bleffert künstlerischer Leiter des Festivals.
Und dann, immer wieder faszinierend, Olivier Messiaens "Quatour pour la Fin du Temps". Vielleicht hätte die wunderbar auskomponierte, mal erschreckende, mal selige Zeitlosigkeit dieser Musik in religiöser Umgebung noch stärkere Wirkung entfaltet. Aber auch im nüchternen Tufa-Saal fesselt sie von Anfang an - zumal sich das Ensemble PRAESENZ/infinitas nicht in süßlicher Mystik verlor, sondern entschieden die komplexen Klangstrukturen ausmodellierte. mö

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