Feinste Technik und tiefe Religiosität

Großlittgen · Die Improvisation ist eine große Kunst, die in der Orgelmusik lange Zeit vergessen war. In der Abtei Himmerod gastierte der Organist Wolfgang Seifen, der diese Art des Musizierens wie kein zweiter beherrscht.

 Ein Meister aller Stile: Organist Wolfgang Seifen in Himmerod. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Ein Meister aller Stile: Organist Wolfgang Seifen in Himmerod. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Foto: Gerhard Kluth (gkl) ("TV-Upload Kluth"

Großlittgen. Genial. Außerirdisch. Unglaublich. Das waren einige Kommentare, nachdem Wolfgang Seifen sein Improvisationskonzert an der Klais-Orgel der Zisterzienserabtei Himmerod beendet hatte. Rund 650 Zuhörer hatten zuvor ein wahres Feuerwerk dieser Art, die Orgel zu spielen, erleben dürfen.
Gut 90 Minuten lang hatte der Rheinländer Marienlieder und gregorianische Hymnen auf die Gottesmutter in musikalische Gewänder gehüllt, die man so zuvor noch nie gehört hatte.
Den Anfang machten 25 Minuten, in denen Seifen sich dem Choral "Sagt an, wer ist doch diese" in einer großangelegten Fantasie mit anschließender Fuge widmete. Es folgten drei Choralvorspiele, die man, gäbe es die gedruckt, jederzeit in jedem Gottesdienst erklingen lassen könnte. Allerdings müsste der ausführende Organist dann schon ein Meister seines Faches sein. Vornehm erhaben gestaltete Seifen das Vorspiel zu "Wunderschön prächtige", fili-gran und zart "Maria, dich lieben", edel und elegant "Ave Maria zart".
Den Abschluss bildete eine viersätzige Symphonie über vier Hymnen und Antiphone, die vor den jeweiligen Sätzen vom Choralensemble St. Martin, Mosel, unter der Leitung von Johannes Klar in ihrer ursprünglichen Form vorgestellt wurden. In den vier Sätzen standen Franz Liszt und Max Reger genauso Pate wie ein Charles Marie Widor oder ein Louis Vierne. Aber auch ein Maurice Durufle schien Seifen während seines Spiels über die Schulter geblickt zu haben.
In Seifens Spiel greifen unterschiedlichste Aspekte in Perfektion ineinander. Es scheint keine Stilrichtung zu geben, die er nicht verinnerlicht hat und jederzeit abrufen kann. Dazu ist er ein begnadeter Techniker, dessen Virtuosität atemlos staunen lässt.
Seifen erkennt aber auch sehr schnell die Stärken eines Instrumentes, versteht es, diese Vorzüge in vollem Glanz erstrahlen zu lassen und lässt sich davon inspirieren. Hinzu kommt aber auch, dass er offensichtlich ein tiefreligiöser Mensch ist. Nicht umsonst war er lange Jahre Organist an der Marienbasilika im bedeutenden Wallfahrtsort Kevelaer. Das Ergebnis all dieser Facetten ist dann eine musikalische Sternstunde, wie man sie jetzt in Himmerod erleben durfte. gkl

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