Arena Openair Der Meistermacher Felix Lobrecht mit StandUp 44 in Trier

Trier · Comedian Felix Lobrecht verdient Dank. Für eine exzellente Show mit seiner Gruppe StandUp 44, bei der er selbst nicht für den ergreifendsten Moment sorgt. Und für vieles mehr, das weit über diesen Abend hinausgeht.

Felix Lobrecht mit StandUp 44 in Trier: Der Meistermacher
Foto: TV/Simon Engelbert

Ein – ich glaube wir dürfen das sagen – kräftiger Syrer steht auf der Bühne vor der Arena Trier. Unscheinbar. Dunkles Hemd, helle Jeans. Seit einigen Minuten zaubert er ein Lachen auf die Gesichter der Zuschauer. Plötzlich wird Kinan Als Stimme sanfter. „Mein Vater ist an Corona gestorben“, sagt er. Stille. Mitgefühl durchdringt die Menge. „Aber er wäre stolz auf mich, dass ich etwas tue, das mir Spaß macht. Dafür bin ich Felix Lobrecht sehr dankbar.“

Es ist der ergreifendste Moment in einer Comedyshow, die beweist, wieso wir alle Felix Lobrecht, dem Super-Comedian-Podcaster-Bestsellerautor-Star (okay, reicht dann auch an Superlativen, oder?) dankbar sein müssen. Wer an dieser Stelle einen Nachbericht der StandUp44-Show beim Arena Open Air Sommer in Trier erwartet, der darf jetzt aufhören zu lesen. Das wird es hier nicht geben. Aus zwei Gründen müssen Sie sich damit begnügen und dem Autor vertrauen, wenn er schreibt: Es war extrem unterhaltsam und beeindruckend.

Felix Lobrecht und StandUp 44: Mehr als vier Comedians

Die Gründe? Einerseits wäre es irgendwie unfair denjenigen gegenüber, die Tickets für die zweite Show am Donnerstag besitzen. Spoiler und so. Wobei – wer den Nachbericht über eine Comedyshow liest, die er später selbst besuchen will ... lassen wir das. Grund zwei ist sowieso der stärkere: Felix Lobrecht und Standup44 sind so viel mehr als diese Show. Kinan Al ist mehr als der kräftige unscheinbare Syrer. Daniel Wolfson mehr als ein 08/15-aussender Typ mit Kappe und Locken. Kawus Kalantar mehr als derjenige, den Lobrecht-Fans aus dem Vorprogramm der ausverkauften „Hype“-Tour kennen. Diese vier Berliner sind Sinnbilder der Integration.

Natürlich steht über allem Felix Lobrecht. Natürlich sind am Mittwochabend viele Fans größtenteils wegen ihm an der Arena. Natürlich ist er der Typ mit dem erfolgreichsten Podcast (“Gemischtes Hack“) Deutschlands, der wohl in den nächsten Jahren keine Shows mehr spielen wird, die nicht ausverkauft sind und der auf der Bühne so viel größer erscheint als seine 1,70 Meter. Wir sollten ihm dankbar sein, weil er dafür sorgt, dass viele – hauptsächlich junge Menschen – an diesem Abend daran erinnert werden, was „lachen“ bedeutet. Auf der Couch, beim Netflix-Special zu Lobrechts Tour mal ’nen kleinen Schmunzler rausrutschen lassen, während man in die Chipstüte greift? Nö. Sich bei der Show lachend umdrehen und sich vergewissern, ob man am lautesten lacht, nur um festzustellen, dass man es nicht tut? Ja. Genau deswegen sind solche Shows wichtig. Deswegen ist Kultur wichtig.

Und ja: Unter den vier Autritten der Comedians an diesem Abend ist Lobrechts der beste. Er wird immer kompletter, technisch perfekter. Kein Vergleich zu dem – damals schon sehr lustigen – Lobrecht, der vor einigen Jahren mit seinem Debüt-Programm „Kenn ick“ deutschlandweit Hallen füllte. Witze, genau auf den Punkt. Rückgriffe auf vorherige Gags, die besser nicht sein könnten. Comedy pur. Kein „kennste?! kennste?! kennste?!“ des anderen bekannten Berliner Comedians. All das braucht Lobrecht nicht.

Wie Felix Lobrecht ein Zeichen für Integration setzt

Felix Lobrecht eckt an. „Das hier ist der hässlichste Ort an dem ich je war“, sind die Worte, mit denen er die Show eröffnet und auf das Parkhaus ihm gegenüber blickt. Vielleicht meint er das wirklich so. Egal. Nehmen wir ihm das übel? Nein. Denn wer den Berliner kennt, der weiß um sein großes Herz. Nur ein Beispiel: Er knackt wohl bald die eine Million Follower bei Instagram. Jeden Donnerstag stellt er diese Reichweite einem wichtigen Thema zur Verfügung. „Attention please!“ nennt er diese Aktion. Er scheint zu wissen, dass er damit mehr Macht besitzt als jeder Politiker oder Lehrer dieser Nation. Weil „die jungen Leute“ ihm folgen. Ihm zuhören. Lesen, was er zu schreiben hat. Verstehen, was er erklärt.

Und weil er mit Standup44 mehr für Integration tut, als viele andere. Er tourt mit einem Iraner, einem Russen und einem Syrer. Nicht, weil sie ein Iraner, ein Russe und ein Syrer sind. Weil sie seiner Meinung nach die besten sind in dem, was sie tun. „Die besten Comedians Berlins“ nennt Lobrecht die drei Jungs, denen er durch seine Popularität einen riesigen Schub verpasst. Sie alle verbindet eines: Comedy in Reinform. Keine große Pyroshow. Keine riesigen LED-Wände. Keine Übertreibungen. Jeweils ein Künstler, jeweils ein Mikrofon. Jemand ist gut? Verdammt egal, woher er kommt – dann ist er gut. Und „gut“ ist für diese drei kein Ausdruck. Felix Lobrecht setzt mit dieser Gruppierung ein Zeichen für Integration. Vielleicht ungewollt. Vielleicht will er nur Menschen zum lachen bringen. Vollkommen egal. Das Zeichen kommt an.

Es ist zu erwarten, dass Kawus Kalantar, Daniel Wolfson und Kinan Al in Zukunft ebenfalls reihenweise Hallen füllen werden. Entwickeln sie sich weiterhin so gut, dann werden sie zu Meistern der Comedy. Zu verdanken haben sie das einerseits natürlich ihrem Talent. Andererseits – und man hat nicht nur beim kräftigen, unscheinbaren Syrer das Gefühl, dass sie das wissen – aber auch zu großen Teilen Felix Lobrecht. Dem Meistermacher.

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