Fesselndes Spiel und warmer Klang

Bernkastel-Kues · Mit den Cello-Suiten von Johann Sebastian Bach ist Claus Kanngiesser in der Kapelle des Cusanusstifts in Bernkastel-Kues zu Gast gewesen. Die 130 begeisterten Zuhörer bedankten sich mit anhaltendem Beifall.

 Die Augen geschlossen, in sein Instrument vertieft: Claus Kanngiesser beim Auftritt in Bernkastel-Kues. Foto: Mosel Musikfestival/Artur Feller

Die Augen geschlossen, in sein Instrument vertieft: Claus Kanngiesser beim Auftritt in Bernkastel-Kues. Foto: Mosel Musikfestival/Artur Feller

Bernkastel-Kues. Wenn er so dasitzt im schönen Chor des Cusanusstifts und mit geschlossenen Augen selbstvergessen in sein Cello hört, hat er etwas von den andächtigen Figuren altmeisterlicher Schnitzaltare. Locker und ausgesprochen umgänglich wirkt Claus Kanngiesser dagegen beim Plaudern mit seinem Publikum.
Am beredtsten bleibt der Cellist aber noch immer, wenn er, ganz eins mit seinem Instrument, musiziert. Ins Stift war der Musiker mit Johann Sebastian Bachs Suiten für Violoncello gekommen, von denen er Nr. 1, (G-Dur), Nr. 2 (d-Moll) und Nr. 4 (Es-Dur)spielte.
Schon lebenslang hätten ihn die stilisierten Tanzfolgen fasziniert, hat der Kölner Musikprofessor einmal gesagt. Nicht anders geht es den meisten bedeutenden Cellisten. Vom legendären Pablo Casals ist bekannt, dass er die Suiten für die "Quintessenz" des Bach\'schen Werks hielt.
So ungebrochen wie ihre Faszination, so vielfältig bleiben die Deutungsmöglichkeiten der Cello-Suiten. Kanngiessers nachdenkliches, dabei kraftvolles Spiel, in dem das Cello einen warmen, vielstimmigen Klangraum schuf, hatte etwas von einer Reise ins Innere der eigenen Seelenwelt und ihren wechselvollen Stationen und vielfarbigen Temperamenten.
Erst routiniert, dann ergreifend


Ein wenig arg routiniert hatte der Cellist seinen Vortrag mit der Suite Nr. 1 begonnen. Aber bereits mit dem düster sinnenden Preludium der Suite Nr. 2 begann jenes fesselnde Klangerlebnis, zu dem der Rest des Abends wurde. Wunderbar: der feierliche Ernst der Sarabande und die melancholische Gigue. Zum Höhepunkt des Abends geriet die großartige Suite Nr. 4, in deren Prélude das Cello wie eine Orgel klang und einen die berühmte hochvirtuose Gigue zum Schluss atemlos zurückließ.
Rhythmisch straff und intelligent gegliedert, legte Kanngiesser die Struktur der Suiten offen, aber er verlor sich nicht. Kraftvoll und dicht hielt er die Spannung und damit das Werk zusammen. Einmal mehr bestätigte das Spiel des Cellisten eindrucksvoll: In der kompositorischen Vielfalt und Vielfarbigkeit von Bachs Cello-Suiten sind der Reichtum und die Dialogkraft eines ganzen Kammerensembles lebendig.

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