Ballet vom Feinsten Weihefeier für die Schönheit

Trier · Im Theater Trier feierte Roberto Scafatis Produktion „La Bellezza infinita“ Premiere. Ein Fest aus Tanz und Gesang.

La Bellezza infinita — die unendliche Schönheit. Im Bild Sofia Emanuela Cappelli.

La Bellezza infinita — die unendliche Schönheit. Im Bild Sofia Emanuela Cappelli.

Foto: Theater Trier/Ida Zenna

Ein Kreis schwarzer Gestalten umringt einen nackten Körper. Dann löst sich die düstere Versammlung auf. Die Bühne wird hell. Im strahlenden Licht steht ein Mensch da und beginnt – gleichsam zum Leben erweckt – sich zu bewegen. Mit Lichtwerdung und welterschaffendem Pathos beginnt Roberto Scafatis neue Ballettproduktion „La Bellezza infinita“, die am Samstag im Theater Trier Premiere hatte.

Das jüngste Werk des Ballettchefs des Hauses ist ein spartenübergreifendes Gesamtkunstwerk aus Tanz, Chorgesang und Instrumentalmusik, bei dem neben dem hauseigenen Tanzensemble auch der Opernchor und der Extrachor des Theaters mitwirken. Einmal mehr ist zudem Jürgen Grözinger als Komponist und Percussionist zu Gast. Die unendliche Schönheit der Natur, die äußere und innere Schönheit des beseelten Menschen und die der Kunst thematisiert Scafati in seiner Produktion. Entstanden ist dabei eine wahre Weihefeier der Schönheit, bei der nicht zuletzt die Schönheit des menschlichen Körpers gefeiert wird.

Scafati verzichtet auf Kostüme, wie überhaupt auf jede überflüssige Illustration. Seine dichte, bildstarke Choreografie setzt allein auf den Ausdruck der Bewegung, der Stimme und des Rhythmus. Dabei bilden Klang und Bewegung eine perfekte Einheit, Tänzer und Choristen werden zu kongenialen Partnern. Schönheit wird an diesem Abend, der allerdings anfangs ein paar Längen hat, auf der Drehbühne zum alles bestimmenden universellen Phänomen. Einmal mehr zeigt sich in dieser neuen Produktion die Musikalität des Choreografen, der seine Ballette schlüssig aus der Musik entwickelt. Ebenso wie sein genaues Gespür für die Beziehung der Bewegung zum Raum, den seine Tänzer greifen, durchqueren, durchdringen und erweitern, um dabei selbst zur bewegten Architektur zu werden. Dynamisch schafft Scafati den Wechsel zwischen Gruppen-und Einzelbildern. Einmal mehr ist an diesem Abend zu erleben, auf welch hohes Niveau der Ballettchef sein Ensemble inzwischen entwickelt hat. Geschmeidig präsentieren sich die Tänzerinnen und Tänzer, präzise in den Bewegungen, leicht in den Drehungen. Ob Soli, Pas de deux oder Gruppenbild: Jede Geste ist veräußerte geistige und seelische Energie. Statt Bühnenbild setzt die Inszenierung auf eine gekonnte Lichtregie (Licht: Lutz Deppe), die bisweilen den Bühnenboden in einen Lichtkreis verwandelt. Lediglich ein paar schwarze Kuben hat Ines Alda, die die Ausstattung verantwortet, gegen Ende auf die Bühne gestellt, die den Tänzern in bester Bauhaus-Tradition zu Partnern werden, mit denen sie gemeinsam kunstschaffend immer neue Formationen und Figuren gestalten. Als lebende Skulpturen stehen die Tänzer auf den Kuben, die ihnen als Sockel dienen. In goldenes Licht getaucht erinnern ihre Körper an Art-Déco-Plastiken.

Derweil stehen unten im Orchestergraben schwarz gewandet und hoch engagiert die Chormitglieder. Herausragendes leisten die Sängerinnen und Sängern unter der präsenten und sensiblen Leitung von Martin Folz. Arvo Pärts himmelstrebende Mystik machen sie ebenso erfahrbar wie die von Eric Whitacre oder Hildegard von Bingens Gottessehnsucht. Eindrucksvoll: David Langs minimalistische Schönheit. Zu Rhythmus und Klang wird die Sprache im Sprechgesang. Mit seinem Schlagwerk instrumentalisiert Jürgen Grözinger im Hintergrund und vom Bühnennebel umgeben das Geschehen. Das begeisterte Publikum bedankt sich mit anhaltendem Applaus und Standing Ovations im vollen Theatersaal.

Weitere Aufführungen: 4. November, 21. November, 1. Dezember, 15. Dezember, jeweils 19.30 Uhr
theater-trier.de

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