Film ab - die Kinokolumne: "Hail, Caesar"

Wer einen Film der Coen-Brüder Joel und Ethan schaut, der taucht ein in eine ganz eigene Welt: In "Inside Llewyn Davis" etwa schlurft Oscar Isaac als Musiker stundenlang orientierungslos durch die Folk-Bars im New York der 1960er Jahre. Jeff Bridges hingegen darf als der Dude in "The Big Lebowski" kluge Lebenskünstler-Sprüche als Kult etablieren.

Bei den Coens tritt die Geschichte oft hinter einer Stimmung zurück; als Zuschauer ist es hinterher teilweise schwer, den Inhalt wiederzugeben. Stattdessen bleibt mehr das Gefühl beim Schauen in Erinnerung. "Hail, Caesar!" gilt bei Branchenkennern als "Liebesbrief an das Hollywood der 1950er Jahre". Passend dazu wurde er zum Eröffnungsfilm der Berlinale auserkoren. Im Zentrum steht Eddie Mannix, ein typischer Coen-Charakter, knautschig und souverän von Josh Brolin gespielt. Mannix ist im Filmstudio Capital Pictures einer der Bosse und kümmert sich um Produktionsverzögerungen in Mexiko genauso leidenschaftlich wie um die außerehelichen Affären seiner neurotischen Starlets.

Als Baird Whitlock (George Clooney), eines der Zugpferde seines Studios, entführt wird, gerät die Produktion des Prestige-Sandalenfilms "Hail, Caesar!" ins Stocken, und Brolin macht sich auf die Suche. So weit die flotte Exposition nach rund einer Viertelstunde Film - doch spätestens dann beginnt auch hier wieder das typische Coen-Spiel, und eine Stimmung tritt in den Vordergrund: Die Zuschauer lernen das Spitzenpersonal des Studios Stück für Stück als Nummernrevue kennen, jede einzelne Rolle ist dabei exzellent besetzt. Für den im Original mit breitem texanischen Akzent knarzenden Alden Ehrenreich dürfte seine Rolle als Western-Herzensbrecher Hobie Doyle der Durchbruch werden. Andere müssen nichts mehr beweisen, sondern unterhalten einfach nur.

Das gelingt sogar sehr gut. Den Zuschauern bereitet es schlicht Spaß, Channing Tatum bei einer perfekt choreographierten Stepptanznummer zu sehen. Es ist amüsant, dass Scarlett Johansson längst nicht die herzensreine Schwimm-Revue-Unschuld ist, die ihr Charakter DeeAnna Moran verkörpert. Und Brolins Verhandlungen mit drei Kirchenvertretern über möglicherweise anstößige Szenen im Bibel-Film sind ein fein ironischer Kommentar auf den Teil Hollywoods, in dem Geschäftssinn auf Prüderie trifft. Doch was bleibt? "Wie immer bei den Coens passiert mehr, als es zunächst den Anschein hat", schrieb die Kritikerin der New York Times. Inmitten all des Superstar-Show-Reigens und der mosaikhaften Story ist aber nicht immer klar, worin dieses "mehr" bestehen soll. Der Film läuft im Broadway-Kino in Trier.

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