Film AB! Kinokolumne

Gravity - Schwerkraft - heißt der neue, vielfach mit Vorschusslorbeeren bedachte Film des mexikanischen Regisseurs Alfonso Cuarón. Die Grundidee passt auf ein Kaugummipapier: Nach einem verheerenden Unfall an ihrem Space Shuttle treiben zwei Astronauten - gespielt von Sandra Bullock und George Clooney - im offenen Weltall umher.

Und mit ihnen der Zuschauer: Ohne jeden Fixpunkt wirbelt die Kamera in schwindelerregender Geschwindigkeit umher, saust bis auf wenige Zentimeter an die Gesichter der Astronauten heran, nur um Sekunden später ins Bodenlose zu fallen und sich in glitzernder Finsternis zu verlieren. Gravity spielt geschickt mit menschlichen Urängsten. Wer den Schwindel nicht scheut, sollte unbedingt die 3D-Fassung schauen. Der technischen Brillanz steht allerdings eine überfrachtete Handlung gegenüber: Statt sich auf die Intensität seines Szenarios zu verlassen, verpasst Cuarón dem Film einige Standard-Elemente aus dem Drehbuch-Seminar. So wird die Ärztin mit einer tragischen Hintergrundgeschichte ausgestattet - sie hat ihre Tochter verloren. Ihre langatmigen Monologe wirken auf die Handlung so beschleunigend wie Ahornsirup im Tank eines Rennwagens. Auch der Höhepunkt des Films - das Actionfeuerwerk im Finale - ist einfallslos. So bleibt ein gemischter Eindruck: Wo in Genreklassikern wie Stanley Kubricks "2001" oder Ridley Scotts "Blade Runner" die Verbindung von Form und Inhalt gelingt, herrscht bei "Gravity" ein Missverhältnis - statt frei zu schweben, taumelt Cuaróns Film schwerfällig einem vorhersehbaren Ende entgegen. In der Filmindustrie herrschen eben ganz eigene Anziehungskräfte. Christophe Braun Gravity läuft derzeit in den Kinos der Region.

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