Fisherman's Friends

Trier · Es könnte der künstlerische Höhepunkt der Theater-Saison werden: das Fischer-Drama "Peter Grimes", Opern-Meisterwerk des 20. Jahrhunderts. Um das anspruchsvolle Stück (Premiere: 24. März) erstmals in Trier auf die Bühne zu bringen, hat das Theater drei Gäste engagiert - mit interessanten Verbindungen an die Mosel.

Trier. Während der Probenphase einer Oper täglich im eigenen Bett aufzuwachen: Einen solchen Luxus hat Diane Pilcher seit fast 20 Jahren nicht mehr erlebt. Damals verließ die Mezzosopranistin das Trierer Ensemble, um als Freischaffende ihren Platz in der Opernwelt zu erobern. Der Liebe halber behielt sie ihren Wohnsitz - und tourt seither zwischen Trier-Feyen, Zürich, Berlin, Wiesbaden, Mannheim oder Brüssel. Die Salzburger Festspiele nicht zu vergessen, wo sie in "La Traviata" bei der Geburt des Opern-Traumpaares Anna Netrebko und Rolando Villazon mit auf der Bühne stand.
Aus dem Koffer leben: Das kennt auch Gianluca Zampieri. Acht Monate im Jahr sieht seine in Rom lebende Familie den papà nur im Internet via Skype. Vor gut 20 Jahren entschloss sich der studierte Wirtschaftsjurist dazu, das Hobby Gesang zum Beruf zu machen. Seither hat er sich unermüdlich nach vorn gearbeitet, bis ins dramatische deutsche Fach. Im Sommer wird der gebürtige Venezianer bei den renommierten Festspielen in Erl Wagners Tannhäuser singen - das ist, als dürfe ein deutscher Tenor in Verona Verdis Troubadour geben.
Mit Trier verbindet Zampieri die gefeierte Hauptrolle des Nerone bei den Antikenfestspielen. Mit der Partie des wortkargen, sperrigen Seemanns Peter Grimes, der an den (Vor-)Urteilen seiner Umwelt zerbricht, wartet auf ihn eine enorme künstlerische Herausforderung - aber auch eine Chance, die eigene Karriere voranzubringen.
Riskanter, aber geliebter Job


Planbar sei eine Sänger-Karriere aber keinesfalls, sagt der Mann mit dem kahlen Charakterkopf. "So etwas glauben allenfalls die Agenturen", pflichtet ihm Susanne Schimmack bei, die dritte im Bund der Gaststars. Sie hat alle Seiten einer Künstlerkarriere kennengelernt. 1996 vertrat sie Deutschland beim "Cardiff-Singer of the world"-Wettbewerb, der Börse für künftige Weltstars. Kurz danach gab sie ihr "Carmen"-Debüt - als Gast in Trier. Interessante Mezzo-Jobs in ganz Europa schlossen sich an, feste Engagements in Dortmund und Kopenhagen. Doch dann folgte sie ihrer Stimme und leitete einen Wechsel ins dramatische Sopranfach ein. Konsequenz: Sie musste neu anfangen, auch über kleine Partien. Inzwischen locken wieder attraktive große Charaktere wie Wagners Kundry.
"It\'s a risky job" - in dieser Einschätzung ist sich das Trio Pilcher-Zampieri-Schimmack einig. Als freiberuflicher Sänger ist man ein Wandervogel, immer da unterwegs, wo es Bedarf gibt. Auf eigenes Risiko. Aber tauschen mit einer festen Stelle im Ensemble würde keiner. "Es ist der beste Job der Welt, und ich kriege sogar noch Geld dafür", sagt Diane Pilcher mit dem ehrlichen Pathos der gebürtigen Amerikanerin.
Angst um den Job in Zeiten leerer Kultur-Kassen? Ein dreifaches, lautes Nein. Die Theater verkleinern ihre festen Ensembles, da braucht man Spezialisten. "Und es gibt Rollen, die einfach gesungen werden müssen", sagt Schimmack. An Arbeit fehlt es nicht. Pilcher beispielsweise ist nach der Produktion in Trier parallel in Köln und Saarbrücken am Start. Wenn schon Angst, dann eher davor, vor lauter Ortswechseln irgendwann nicht mehr zu wissen, wo man gerade ist.
Bei "Peter Grimes" dürfte das kaum passieren, schwärmen doch alle drei Protagonisten von dem stimmungsvollen Stück. "Extrem kraftvoll, aber auch extrem kraftraubend" ist es für den Titelhelden. "Eine zeitlos spannende Geschichte", findet Susanne Schimmack, "mit der Wucht einer griechischen Tragödie", ergänzt Diane Pilcher. Oder, wie es Zampieri empfindet: "Der kleinste Schritt bei diesem Drama ist eine Frage von Leben und Tod".
Da tut es gut, sich abends ans Laptop zu setzen und via Facebook mit der Welt zu kommunizieren. Zampieri bringt es schon mal locker auf ein Dutzend Posts pro Tag, über Politik, Fußball und Musik. Die wichtigen Dinge der Welt halt. Außer der Oper.