François Valentiny zu den Antikenfestspielen: Ohne Qualität keine Zukunft

Trier · Die Antikenfestspiele sind eine große, aber bislang ungenutzte Chance. Renommee und Außenwirkung sind nicht annähernd so groß, wie die Trierer selber gerne glauben.

Man hat zu lange versucht, "irgendwas" hinzukriegen, statt konsequent und gezielt eine klare, für ein breites Publikum erkennbare Marke zu schaffen. Man braucht kein dauerndes "Hin und Her" zwischen verschiedenen Spielorten und Stilrichtungen, sondern ein langfristiges inhaltliches und bauliches Konzept, das ein bestimmtes Image vermittelt.

Dafür müssen die Festspiele definitiv vom Theater getrennt werden. Dessen Zielsetzung ist eine völlig andere: Es muss ein ganzjähriges Programm für das einheimische Publikum auf die Beine stellen und kann gar nicht zum Saison-Ende ein großes Festival stemmen, während schon die nächste Saison vorbereitet wird. Eigenständige Festspiele könnten dann auch zu einem sinnvollen Zeitpunkt, etwa der zweiten Augusthälfte, stattfinden, wenn das Wetter günstiger und Trier nicht ohnehin überfüllt ist. Es spricht nichts dagegen, dann das Theater als Dienstleister mit ins Boot zu nehmen.

OB Jensen hat recht, wenn er sagt: Richtig oder gar nicht. Dann sollte man aber auch eine breite Trägerschaft anstreben, bei der alle, die Geld in die Festspiele investieren, in einem Aufsichtsgremium vertreten sind. Neben der eigenständigen künstlerischen Leitung ist eine professionelle, gut ausgestattete Medien-Abteilung von entscheidender Bedeutung, die sich um die Öffentlichkeitsarbeit und Vermarktung vor Ort und vor allem überregional kümmert.

Man wird in unserer ländlich strukturierten Region kein "Weltfestival" hinkriegen. Aber es wäre ein Irrtum, zu glauben, ein Publikum aus einem 200-Kilometer-Umkreis ließe sich mit einem billig-spekulativen Programm, das durchsichtig mit ein paar großen Namen dekoriert ist, anlocken. Das hat schon bisher nicht funktioniert. Es kann auch nicht sein, dass dem Publikum aus Kostengründen ein Schauspiel in der abgetakelten, unpassenden Opernkulisse serviert wird. Die Qualitäts-Ansprüche müssen hoch sein. Die Leute, die meinen, ein Spatz in der Hand sei besser als nichts, sind die Totengräber solcher Festival-Ideen.

Dazu gehört auch, dass wir das tolle historische Ambiente nicht länger völlig unter Wert verkaufen. Der gestalterische Wille fehlt, und der dominierende Denkmalschutz führt oft aufs Abstellgleis. Wenn alle mitwirken, wäre zum Beispiel eine Orchester-Überdachung jederzeit problemlos machbar.

Nach wie vor werden die Festspiele nicht als Motor und Träger der wirtschaftlichen Entwicklung, sondern als Bettler und Kostgänger wahrgenommen - und von der Politik auch so verkauft. Nur wenn sich das ändert, haben sie eine Zukunft. vk/jöl

François Valentiny

Der Luxemburger Architekt François Valentiny, 55, hat das neue Festspielhaus in Salzburg gestaltet.

Der bekennende Opern-Fan stattete "Samson und Dalila" bei den Antikenfestspielen 2007 aus und nutzte als Erster den kompletten Amphitheater-Raum. Derzeit baut er in Schanghai den Luxemburger Pavillon für die Weltausstellung 2010.

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