Literaturkolumne – Aufgeschlagen Ein groteskes Abenteuer

Ferdinand Desoto war ein brutaler Eroberer, der Indianerstämme überfiel, Eingeborene folterte, versklavte, Hunde auf sie hetzte und tötete. Nach den Raubzügen in Panama und Peru, wo der Konquistador ein Vermögen gemacht hatte,  wollte er 1538 die reichen Goldschätze Floridas finden – die es nicht gab.

 Cover Franzobel Die Eroberung Amerikas

Cover Franzobel Die Eroberung Amerikas

Foto: Verlag Zsolnay

Diesen „erfolglosesten spanischen Eroberungszug aller Zeiten“ hat der österreichische Schriftsteller Franzobel zu einem quirligen, bunt ausgeschmückten Roman verarbeitet, der Fakten und Fiktion mit überbordender Fantasie bis zur Unkenntlichkeit vermischt. In der illustren Gesellschaft von Schurken und Ausgestoßenen, die in der Alten Welt zur Zeit der Inquisition ohnehin nichts zu verlieren hatten, steuern die Abenteurer im Namen von spanischer Krone und Kirche Kuba und Florida an. Nur wenige werden heimkehren.

Es ist kein herkömmlicher historischer Roman, sondern ein einfallsreich ausgestaltetes Zeitgemälde, das Franzobel aus der Gegenwart heraus erzählt, reflektiert und  ins Groteske steigert.  Zwar wirkt die Rahmenhandlung vom US-Anwalt, der eine Sammelklage von Indianern gegen die Landenteignungen vor 500 Jahren führt, ziemlich konstruiert. Doch schaffen der Blick aus dem Heute und Franzobels feiner Humor eine Distanz, die das grausame Geschehen von Damals lesbar und die Lektüre sogar amüsant machen. Ein ambivalentes Vergnügen!

Die skurrilen Figuren mögen erfunden sein, doch betont Franzobel im Nachwort seinen Anspruch auf Wahrhaftigkeit. Für die Recherche hatte er Reisen zu zahlreichen Schauplätzen der Expedition unternommen. Anne Heucher

Fazit: Witzige Details, einfallsreich, grausamer Stoff. Für Menschen mit Humor.

Franzobel, Die Eroberung Amerikas, Roman nach wahren Begebenheiten, Paul Zsolnay Verlag 2021, 544 Seiten, 26 Euro.

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