Freches Spiel: Applaus

Einen Tag vor seinem 75. Geburtstag gastierte Sir Roger Norrington mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR (RSO) in der Luxemburger Philharmonie. Zusammen mit der jungen Geigerin Patricia Kopatchinskaja bereiteten sie dem Publikum einen strahlenden und lebendigen Sonntagmorgen.

Luxemburg. (gkl) Eigentlich war es schon verrückt, was sich da in der Luxemburger Philharmonie beim Applaus vor der Pause abspielte. Man musste sich fragen, wer denn da jetzt wem applaudierte. Das Publikum im ausverkauften Haus war begeistert und tat dies lautstark kund. Die Musiker des RSO, inklusive Sir Roger, applaudierten ebenfalls, und zwar ebenso begeistert wie die Menschen vor der Bühne. Dann aber kam immer wieder die Solistin des Konzertes, die moldawische Geigerin Patricia Kopatchinskaja auf die Bühne und fast mehr noch, als ihren Applaus in Empfang zu nehmen, applaudierte sie dem Orchester. Da herrschte Begeisterung, nachdem das Violinkonzert in D-Dur von Igor Strawinsky verklungen war - und das zu Recht. Das RSO ließ sich vom jugendlich-ungestümen, manchmal schon fast frechen Spiel der Kopatchinskaja anstecken. Mit der Interpretation von Kopatchinskaja erhielt die Musik einen Aspekt, der eine ganz eigene Lebendigkeit hatte. Diese Kombination aus perfekter Technik und höchster Virtuosität zeigt, dass die Interpretin ganz in die Musik eingetaucht ist. In einem Interview hat Kopatchinskaja einmal gesagt, sie fürchte, ihr Spiel sei zu persönlich. Völlig unbegründet, denn gerade diese zutiefst persönliche und ehrliche Art macht sie glaubwürdig und überzeugend.

Der zweite Teil des Konzertes gehörte ganz dem RSO, das sich der siebten Sinfonie von Anton Bruckner widmete. Da ist vor allem das vibratofreie Spiel, das nichts vom Klang der Musik verschleiert und die erhabene Schönheit der Komposition erlebbar macht. Großartig entwickelte sich der zweite Satz der E-Dur-Sinfonie, intensiv erfüllte der Klang den Raum beim Scherzo, strahlend und gefühlvoll wirkte das Finale. Diese Sinfonie begründete Bruckners Weltruhm. Wenn sie bei der Uraufführung so erklungen ist wie in Luxemburg, kann man das bestens verstehen.

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