Freiraum für Künstler und Betrachter

TRIER. Kunst kann auch ohne Gegenstand: "Abstrakte Welten" zeigt die Ausstellung von 36 Dozenten in der Europäischen Kunstakademie Trier.

 Besucher schauen sich die Ausstellung an. Im Vordergrund ist eine Skulptur des Bildhauers Thomas Peter zu sehen. Foto: Eva-Maria Reuther

Besucher schauen sich die Ausstellung an. Im Vordergrund ist eine Skulptur des Bildhauers Thomas Peter zu sehen. Foto: Eva-Maria Reuther

Im Grunde ist alle Kunst abstrakt. Auch wenn sie scheinbar "die Natur abbildet", so weist wirkliche Kunst doch stets über den Gegenstand hinaus, den sie darstellt. Als abstrakte Kunst im engen Sinn wird heute jedwede Art der gegenstandslosen Kunst bezeichnet. Den Gegenstand "hinausgeworfen" hat auch die aktuelle Dozentenausstellung der Europäischen Kunstakademie Trier, um über gegenständlich nicht bestimmte Formen neue Bildideen zu verwirklichen und neue abstrakte Welten zu erfinden. Ohne Frage: wie keine andere schafft die abstrakte Kunst Freiraum für Künstler und Betrachter. Den macht sie - um einen Begriff der Literaturwissenschaft zu übernehmen - zum "impliziten" Künstler. Soll heißen: sie schafft Unbestimmtheiten und Leerstellen, die der Betrachter mit den eigenen Vorstellungen und Erfahrungswerten füllen kann. Kurz: beim Anschauen, im geistigen Dialog mit dem Kunstwerk schafft er ein neues Bild nach seinem eigenen. Genau diese Fragen der abstrakten Bildschöpfung und -wahrnehmung thematisiert die Schau in der Kunsthalle der Akademie. Farbe, Form und Geste setzen darin - in unterschiedlichen Techniken - die künstlerische Idee ins Bild. Mittels konkreter Linie und ebensolchen geometrischen Formen haben einige Künstler "exakte" Bildkompositionen mit geradezu mathematischer Planmäßigkeit geschaffen. Das Thema der Abstraktion hat die Dozenten offensichtlich gereizt. "36 Dozenten haben sich diesmal beteiligt", freut sich Akademieleiterin Gabriele Lohberg. Naturgemäß sind die gezeigten Weltbilder so unterschiedlich wie ihre Schöpfer. Und sie sind auch nicht von gleicher Qualität und gleichem Reiz. Bisweilen fällt die Einladung zum Dialog sogar ausgesprochen schwach aus. Das ein oder andere Bild erschöpft sich gar im Formalen. Zu den fesselndsten Arbeiten der Schau gehört Harald Mantes "Stadterkundung Trier". Mante muss es gegangen sein, wie weiland Leonardo da Vinci: "Eine neue Art des Schauens besteht darin, dass du auf manche Mauern hinsiehst, die mit allerhand Flecken bekleckst sind". Jedenfalls ist bei Mantes Erkundung eine sechsteilige Fotografie herausgekommen, die bester konkreter Kunsttradition folgt. Was sich in den farbigen Rechtecken mit unterschiedlicher Struktur als Annäherung an Trier präsentiert, ist viel mehr die Schöpfung einer neuen geistigen Stadtordnung und -idee. Wie ein Bild entsteht, zeigt ebenfalls eindrucksvoll nebenan Hermann Stamm in seiner zwölfteiligen fotorealistischen Folge "Bilder aus der Unschärfe des Nachdenkens". Als Hell und Dunkel abstrahiert Joe Allen die Glamourwelt des "Moulin Rouge" in seiner gleichnamigen Arbeit. Klein aber fein: Christine Henns "Passing in the night". Überzeugend kommt auch Matthias Kroths Ölgemälde daher. Zu den wenigen Skulpturen gehört Thomas Peters grünes Fadenrätsel. Neues hätte man gern mal wieder von Bodo Korsig gesehen. Bis 31.8. ,Di-So 11-17 Uhr, Europäische Kunstakademie Aachener Str. 63,Telefon 0651/998460.

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