Fremde Welten

Für eine Welt-Uraufführung der besonderen Art wird derzeit im Luxemburger Grand Théâtre geprobt: "Flowers in the mirror" ist die erste China-Oper, die im Zusammenwirken eines europäischen Teams mit einem großen chinesischen Opernhaus entstanden ist.

 Chinesische Oper vereint Musik, Tanz und Akrobatik mit zauberhaften Bildern. Foto: Grand Théâtre

Chinesische Oper vereint Musik, Tanz und Akrobatik mit zauberhaften Bildern. Foto: Grand Théâtre

Luxemburg. Wer kulturelle Brücken schlagen will, braucht manchmal ganz schön viel Geduld. Wortfetzen in Französisch, Englisch und Chinesisch schwirren über die Bühne, alles muss übersetzt werden, und das bei Sprachen, die um Welten auseinanderliegen. Es geht um Ausdruck, Bewegung, Gefühle, Stimmungen, Philosophie - also um eher komplizierte Angelegenheiten.

Mittendrin sitzt der französische Regisseur Charles Tordjman und sieht so aus, als könne ihn überhaupt nichts aus der Ruhe bringen. Der 63-Jährige ist einer von drei Prota gonisten, die das etwas verrückt scheinende Projekt auf den Weg gebracht haben. Dazu kommen sein Sohn, der Multimedia-Künstler Vincent Tordjman, und der Luxemburger Intendant Frank Feitler.

Die Idee entstand vor drei Jahren anlässlich des Gastspiels einer chinesischen Opern-Truppe aus Sichuan im Kulturhauptstadt-Programm. Danach wuchs zusammen, was sonst wohl nie auf einen Nenner gekommen wäre: ein legendärer chinesischer Roman des Autors Li Ju Chen aus dem 18. Jahrhundert, adaptiert von einer chinesisch-europäischen Autorengruppe. China-Opernmusik aus dem Sound-Labor eines Europäers. Eine komplette Theater-Truppe mit Darstellern und Musikern aus dem Opernhaus Sichuan. Bühnenbild aus Europa, Kostüme aus China. Ein Regisseur aus Nancy. Koproduzenten aus der Schweiz, Luxemburg und Frankreich.

Gemeinsames Ziel: Ein Gesamtkunstwerk



Jetzt muss aus dem Sammelsurium der Kulturen innerhalb weniger Proben-Wochen ein stimmiges Gesamtkunstwerk entstehen. Es sei eine "wirklich tolle Zusammenarbeit" mit den Chinesen, schwärmt Regisseur Tordjman. Die Akteure aus Sichuan sind oft Sänger, Tänzer, Schauspieler und Akrobaten gleichzeitig. "Sie können Ideen enorm schnell umsetzen", lobt der Regisseur.

Das rund 30-köpfige Ensemble wiederum ist sichtlich stolz darauf, als Botschafter seiner Heimat in Europa auftreten zu dürfen. Und das nicht in einem Gastspiel, sondern in einer aufwendigen Eigen-Produktion - unter technischen Bedingungen, wie sie in China unvorstellbar sind. 60 Vorstellungen auf dem Kontinent sind schon unter Dach und Fach, danach geht die Aufführung zur Eröffnung eines neuen Opernauses nach Sichuan.

Das wird auch für die Tordjmans ein spannender Moment. Denn ihre ausgesprochen poetische, bilderreiche Inszenierung ist für chinesische Verhältnisse alles andere als traditionell. "Das wird dort eine kleine Revolution", vermutet Charles Tordjman.

Revulutionär für den europäischen Opern-Konsumenten dürften die extrem manirierte Form des Sprechgesangs und die höchste Künstlichkeit der Bewegungen sein. Das verspricht ein faszinierendes Eintauchen in eine fremde Kultur, ebenso wie die mythische Geschichte von Li Ju Chen um Blumen, die im Winter blühen, Kaiserinnen mit zwei Gesichtern, Feen und Geister.

Vorstellungen am 23., 24. und 25. März. Info: www.theatres.lu. Karten in den TV-Servicecentern Trier, Bitburg und Wittlich.

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