Freundlicher Streit der Konfessionen

Trier · Zwei Kirchenfürsten treffen sich zum freundlichen Disput in Trier: Bischof Stephan Ackermann und Präses Nikolaus Schneider, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, zeigen auf, was sich katholische und evangelische Christen dringend mal wieder sagen wollten.

Trier. Die Spannung im voll besetzten Gemeindesaal der Pfarrei St. Augustinus mitten auf dem Campus der Uni Trier ist enorm. Das Ökumenische Institut für interreligiösen Dialog hat die Diskussion organisiert. Der Bischof und der Präses werden antreten - die Römisch-Katholische und die Evangelische Kirche auf einem Podium am Buß- und Bettag. Das birgt Potenzial, zumal das Thema hochspannend ist: Wie geht es weiter mit der Ökumene nach dem Besuch des Papstes in Deutschland?
Der Papst ist deshalb auch der erste Schwerpunkt der Debatte, und Bischof Stephan Ackermann findet klare Worte.

"Die Kritiker des Papstbesuches wurden zu Opfern ihrer eigenen himmelhohen Erwartungen."
Bischof Stephan Ackermann
Hier liege der Ursprung vieler kritischer Stimmen und Enttäuschungen, betont der Trierer Bischof. "Viele haben ein überzogenes Papstbild und gehen davon aus, er allein regelt alle Fragen."
Präses Schneider nimmt den Ball auf. Er wirkt ebenso wie der Bischof locker, souverän und absolut freundlich.

"Es gab Schönes und Schwieriges beim Papstbesuch, aber das Schöne hat überwogen."
Präses Nikolaus Schneider

Der Besuch des Papstes im Erfurter Augustinerkloster - Martin Luther hat dort von 1505 bis 1512 als Mönch gelebt - sei ein "unglaublich starkes ökumenisches Zeichen" gewesen. "Bis zum Reformationsjahr 2017 müssen wir beide den Anspruch verloren haben, das Maß für den jeweils anderen sein zu müssen", sagt der Präses.
Einen Bischof, der seinen Oberhirten kritisiert, hört man auch nicht jeden Tag. "Was ist mit der schmerzlichen Frage der konfessionsverschiedenen Ehen?", fragt Ackermann.

"Hier hätte der Papst sagen und zeigen können: Diesen Schmerz fühle ich mit euch."
Bischof Stephan Ackermann
Ohne auch nur den kleinsten Moment eines Zögerns nimmt der Präses diese Vorlage und punktet. "Ehepaare verschiedener Konfessionen binden unsere Kirchen jetzt schon enger zusammen", sagt er. Der nächste Satz kommt völlig trocken:

"Der Papst hat klar gesagt: Das ist eine Aufgabe der Deutschen Bischofskonferenz."
Präses Nikolaus Schneider.

Die Begegnung der beiden Kirchenmänner erreicht ihren Höhepunkt. Kommen beide Kirchen wieder zusammen? Wie könnte das nach bald 500 Jahren der Trennung möglich sein?
Präses Schneider formuliert es klar und unmissverständlich: "Eines müssen wir deutlich festhalten. Die Jurisdiktionsgewalt und der absolute Wahrheitsanspruch der Römisch-Katholischen Kirche sind Modelle, die mit uns absolut nicht machbar sind." Vielleicht, so fügt er an, komme man sich näher mit Hilfe der Heilig-Rock-Wallfahrt im nächsten Jahr.
Solche ruhigen und freundlichen, aber dennoch brisanten Töne beherrscht der Bischof ebenfalls. "In Gesprächen, die sich um die Wallfahrt drehen, spüren ich immer noch Reserven", sagt er.
"Es gibt offenbar auf Ihrer Seite noch Befürchtungen, man könnte über den Tisch gezogen werden."
Bischof Stephan Ackermann

Dabei habe man doch während der letzten Wallfahrt im Jahr 1996 das Gegenteil bewiesen. Präses Schneider lässt die Frage offen. "Wir kommen weiter, wenn wir unterstellen, dass wir beide in dieselbe Richtung gehen."
Dieselbe Richtung, aber auf unterschiedlichen Wegen - beide scheuen dieses Thema nicht.

"Wir dürfen uns nicht überfordern, sondern müssen nüchtern und realistisch bleiben."
Präses Nikolaus Schneider

Mit diesen Worten präsentierte der Präses seine "zurückhaltenden Erwartungen", im Reformationsjahr 2017 eine gemeinsame Abendmahlsfeier zu erleben.
Der Trierer Bischof teilt diese Zurückhaltung. "Das Reformationsjubiläum 2017 ist schließlich eine Feier der evangelischen Welt." 1517 hat Martin Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirche in Wittenberg gehämmert. Ackermann: "Luther wird als Symbol der Freiheit und des Aufbruchs gefeiert. Da stellt sich uns natürlich die Frage: Was sind wir denn dann?"

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