Frida

(U. M.) Wäre das Leben der Frida Kahlo nicht längst umfangreich dokumentiert, man wollte nicht glauben, welches Spektrum an Lust und Qualen in diesen 47 Lebensjahren ausgelotet wurde. Frida Kahlo war eine quirlige, hoffnungsfrohe Studentin, als sie mit 18 Opfer eines fatalen Verkehrsunfalls wurde, in dessen Folge sie ihr Leben lang schwerste körperliche Schmerzen zu ertragen hatte. Mit 20 heiratete sie den dop- pelt so alten Malerfürsten Diego Rivera, dem sie trotz fortwährender Affären die Treue hielt, bis er auch mit ihrer Schwester ins Bett stieg. Nach kurzer Trennung heiratete das Paar ein zweites Mal. Frida gewährte Leo Trotzki in ihrem Elternhaus Asyl und erlebte eine leidenschaftliche Liaison mit ihm. In all der Zeit blieb sie künstlerisch tätig und wurde Mexikos erste international anerkannte Malerin, deren Bilder sogar in die Sammlung des Louvre aufgenommen wurden. Eine solche Geschichte kann man sich nicht wirklich ausdenken, und man ahnt den Schweiß, der in dieses Drehbuch investiert wurde. Dass die Handlung mit einer gewissen Atemlosigkeit durch die historischen Ereignisse hetzt, ist angesichts der Fülle nachvollziehbar und bei aller illustrativen Knappheit bestechend souverän von der Theater- und Opernregisseurin Julie Taymor in Szene gesetzt. Es gibt keine einzige zähe Minute in diesem Bildersturm der überschäumenden Emotionen, der vollblütiges Zeitkolorit und originelle Szenenfolgen kombiniert, in denen Kahlos Bildstil kongenial in bewegte Kinobilder übertragen wurde. Eine inspiriert aufspielende Besetzung mit prächtig prallen Charakterskizzen (vor allem Alfred Molina als Rivera und Geoffrey Rush als Leo Trotzki) und schillernden Gastauftritten (unter anderem Antonio Banderas, Edward Norton, Ashley Judd und Saffron Burrows) ordnet sich pflichtschuldig einer außerordentlichen Hauptdarstellerin unter. Salma Hayek, die bislang vor allem durch feurigen Latina-Sexappeal für Furore sorgte, fand in "Frida" das Projekt ihres Lebens und setzte sich beharrlich gegen alle Widerstände dafür ein. Als Produzentin sicherte sie unter Einsatz ihres Privatvermögens die Finanzierung, als Schauspielerin wuchs sie über sich selbst hinaus. Ihre leidenschaftliche Ausgestaltung (sie lernte sogar zu malen) legt jenseits der Oberfläche einer virtuosen Verkörperung die Bedürfnisse und Befindlichkeiten der vielschichtigen Titelrolle frei. Diese Leistung, die zu Recht mit einer Oscar-Nominierung belohnt wurde, ist ein großes Ereignis dieses Kinojahres, das man nicht verpassen sollte. (Broadway, Trier)

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