Chorkonzert Gänsehautmomente im aufgegebenen Kirchenraum

Trier · Energiegeladen und voller Emotion: Der Friedrich-Spee-Chor in Trier bescherte seinen rund 200 Besuchern in der Kirche St. Ambrosius das Konzert „Hymn & Credo“, bei dem er auch mit neuen Formen der Darbietung überrascht.

 Konzert des Friedrich-Spee-Chors in St. Ambrosius in Trier.

Konzert des Friedrich-Spee-Chors in St. Ambrosius in Trier.

Foto: Spee-Chor/Thewalt

Augen zu! So stimmungsvoll illuminiert der hohe Raum von St. Ambrosius in Trier-Nord mit seinen Holzbalken auch sein mochte, so bot der Friedrich-Spee-Chor den 200 Besuchern am Abend vor Totensonntag doch zunächst vor allem etwas für die Ohren. Denn von hinten erklang das „Pater noster“ des lettischen Musikers Peteris Vasks, das dieser sich erst nach dem Untergang der Sowjetunion zu komponieren traute, weil er zuvor Schikanen der Behörden wegen seiner religiösen Überzeugungen befürchtete. Ein Überraschungsmoment des Chores unter Leitung von Carina Brunk bei deren zweitem Konzert in Trier. Und noch viel mehr entfaltete das zweite Stück seine emotionale Wirkung am besten mit geschlossenen Augen. An vier Stellen der Kirche postierten sich die ChorsängerInnen für „Immortal Bach“ („Unsterblicher Bach“) von Knut Nystedt und erzeugten aus nur acht Takten des Lieds „Komm süßer Tod“ beim Publikum wahre Gänsehautgefühle. Die extrem lang gehaltenen Töne verschwimmen zu Clustern – ein akustisches Zittern und Vibrieren, wie es wohl nur live zu erleben ist und den Zuhörern einen flüchtigen Eindruck von Ewigkeit vermitteln will. Hier und noch mehr bei Georg Friedrich Händels Hymne „The ways of Zion do mourn“ erweist es sich als Glücksfall, dass die Kirche mit ihrer schönen Akustik, die nach dem Krieg aus dem Umbau einer militärischen Exerzierhalle entstanden war, noch nutzbar ist. Ein ausgezeichneter Konzertraum! Vor einem Jahr war der Einbau von 16 Wohnungen und einem Gemeinderaum nach der geplanten Profanierung angekündigt worden.

Händels Hymne präsentiert der Chor nach einem flotten, energiegeladenen Vivaldi-Credo, hervorragend dynamisch begleitet durch das Barockorchester L‘arpa festante aus München sowie Uli Krupp an der Orgel (aus der Dommusik), spannungsvoll im Altarraum. Den wiederkehrenden Ausruf „Wie sind die Mächtigen gefallen“ könnte man für ein eindringliches Lamento der Gegenwart halten, doch bezieht er sich auf die Knechtschaft Israels in Ägypten in biblischer Zeit. Vielen SängerInnen ist eine unbändige Singfreude nach all den Corona-Einschränkungen anzusehen, und diese Energie bleibt präsent bis zum Schluss. Am Ende erheben sich die Zuschauer beim lang anhaltenden Applaus von den Kirchenbänken.

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