Frischzellenkur für die abgewrackte Göttin

Trier · Als geheilt entlassen bereichert die restaurierte Minerva von Louis Counet (1652-1721) die Sammlung des Trierer Stadtmuseums Simeonstift.

"Ich erwarte bei jeder Restaurierung eine Entdeckung." Manchmal hofft Dimitri Bartashevich sogar auf ein Wunder. Wer Louis Counets Gemälde "Minerva", das der Restaurator gerade in Behandlung hatte, vor der Instandsetzung gesehen hat, der wird angesichts des neuen Glanzes hier entzückt zumindest ein kleines Wunder bestätigen. Aus der durch die Widrigkeiten der Zeitläufte abgewrackten Göttin, (der römischen Ausgabe der griechischen Athene) hat Bartashevich wieder eine selbstbewusste Schönheit gemacht.

Die Hoheit des Reiches gegenüber Kur- und anderen Fürsten versinnbildlicht die in elegante Seide gewandete Meisterin der taktischen Kriegsführung mit dem Reichsadler auf dem Schild. Etwa seit der Konstantin-Ausstellung restauriert der gebürtige Usbeke als freiberuflicher Restaurator Gemälde und Möbel für das Simeonstift.

Counets barockes Ölgemälde war eine Herausforderung für den Spezialisten. Vollkommen heruntergekommen, schimmelig, verdreckt und unsachgemäß ausgeflickt, mit Löchern in der Leinwand war das Bild in einem Privathaus aufgefunden worden. Gleichwohl kaufte Museumschefin Elisabeth Dühr den künstlerischen Pflegefall. Bislang sind die Umstände der Entstehung des Gemäldes ebenso wenig geklärt wie sein Auftraggeber. Gleichwohl: "Für uns war das Werk ein wichtiger Fund und eine Ergänzung unseres Counet Bestandes", sagt Dühr. Immerhin forscht das Haus seit Jahren über den in Lüttich und Trier tätigen Maler. Allerdings räumt die Museumschefin ein: "Die Restaurierung hat sich als sehr aufwendig herausgestellt." Das bestätigt auch Bartashevich. Zwischen 120 und 130 Stunden hat er gearbeitet, um der Göttin neuen Glanz zu verleihen. "Das ganze Gemälde war mit einer dunkelgrauen Sauce übermalt", erzählt der Restaurator. Die galt es zu entfernen. Neben Arbeiten an Leinwand und Keilrahmen musste das Gemälde zudem gereinigt werden, lose Farbteile wurden gesichert, Brüche in der Farbschicht ausgebessert und fehlende Farbe durch Retuschen ersetzt. Anders als Fälschungen wollen Retuschen allerdings nicht den Eindruck des Originalen erwecken. Sie müssen jederzeit wieder zu entfernen sein. Weshalb Bartashevich Aquarellfarben als Retuschierfarben bevorzugt. Fast zärtlich betrachtet der Restaurator jetzt sein Werk. Bartashevich liebt seinen Beruf. Und auch Trier hat ihn gleich begeistert. "Es war Liebe auf den ersten Blick." Anlässlich der Konstantin-Ausstellung hatte der bis dahin in Speyer lebende Restaurator erstmals für das Simeonstift gearbeitet. Ein vielseitiger Beruf sei der seine, sagt Bartashevich. In einer Person müsse man Handwerker, Chemiker und Kunsthistoriker sein. Und was ganz wichtig ist: "Eine gehörige Portion Demut ist dazu nötig." Zu der gehört auch, stundenlang Punkt für Punkt das Bild zu bearbeiten, Geduld für Trockenzeiten aufzubringen und vor allem nur soviel zu restaurieren wie eben nötig. Man muss Respekt vor dem Werk und seinem Schöpfer haben" - das ist für Bartashevich Grundvoraussetzung.

EXTRA: MINERVA



Minerva war eine römische Gottheit, die von den Sabinern, Etruskern und Latinern verehrt wurde. Im Römischen Reich wurde sie als Beschützerin der Handwerker betrachtet. Sie wurde mit der griechischen Göttin Athene gleichgesetzt und war in dieser Hinsicht später auch Schutzgottheit der Dichter und Lehrer.

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