Fünf Fragen an Ralph Giordano

Ihre Sehnsucht nach der Heimat des Großvaters trugen Sie lange in sich, bevor Sie sich wirklich nach Sizilien auf den Weg machten. Warum so spät - mit 77 Jahren? Giordano: Die Nazizeit, die ich im Alter von zehn bis 22 Jahren erlebt habe, musste ich in meinem Leben zuerst literarisch abarbeiten, musste mir das alles von der Seele schreiben.

Ich wusste: Sizilien läuft mir nicht weg. Ihr Großvater Rocco war und ist für Sie eng mit Sizilien verbunden. Kann man sogar sagen, Sie setzen ihn mit der Insel gleich? Giordano: Die innige Beziehung zu meinem Großvater macht mir den Zugang zu Sizilien leichter und ist natürlich ein Herzstück des Buches, aber das Buch ist ein Fresco von der ganzen Insel.Sie haben deutsch-jüdische Vorfahren auf der mütterlichen und italienische Vorfahren auf der väterlichen Seite - fühlen Sie sich manchmal im Inneren zerrissen?Giordano: Meine italienische Seite liegt nicht im Clinch mit der deutschen. Ich habe mich mit Deutschland mein ganzes Leben lang auseinander gesetzt, im Guten wie im Schlechten. Sizilien macht mich einfach glücklicher und hat für mich persönlich nicht diese geschichtliche Schwere.Als Sie Ehrenbürger der Geburtsstadt Ihres Großvaters wurden - war das die wichtigste Auszeichnung Ihres Lebens?Giordano: Mittlerweile habe ich schon sehr viele Auszeichnungen bekommen. Ehrenbürger von Riesi zu werden, war aber von allen Auszeichnungen die persönlichste. Tränen der Rührung bei der Übergabe der Ehrenbürger-Urkunde: Sind Sie in der Heimat des Großvaters sentimentaler als woanders?Giordano: Ich habe generell ein dramatisches Lebensgefühl. Es stimmt aber, in Sizilien bin ich noch emotionaler. Meine Gefühle werden dort stark angesprochen. hpl/sey

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