Fußballfelder im Erdgastank

Trier · MOF 210 - hinter dieser Abkürzung verbirgt sich ein kristallines metallorganisches Material mit enormer Speicherkapazität, das größere Tankfüllungen und Reichweiten für Erdgasfahrzeuge verspricht. Diese Woche stellt die Serie des Deutschlandfunks in Kooperation mit dem Trierischen Volksfreund das Raumwunder vor.

 In einem einfachen Versuch können auch Schüler bei BASF aus Carbonsäuren sowie Zink- oder Aluminiumoxid MOFs herstellen. Foto: BASF

In einem einfachen Versuch können auch Schüler bei BASF aus Carbonsäuren sowie Zink- oder Aluminiumoxid MOFs herstellen. Foto: BASF

Trier. Ein Name wie ein Autokennzeichen. Oder was sollte man sonst hinter der Bezeichnung "M O F 210" vermuten? Klingt nach einem Nummernschild aus M wie München. Tatsächlich ist MOF eine Abkürzung aus dem Englischen und steht für metal-organic frameworks. Von diesen "metallorganischen Gerüstmaterialien" gibt es mittlerweile eine ganze Reihe. Daher werden sie durchnummeriert, daher die 210. Chemiker nennen die Substanzgruppe der Einfachheit halber MOFs.

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Die haben es im wörtlichen Sinne in sich. Und zwar: jede Menge Stauraum für Gase wie Methan oder Wasserstoff, die sich in den Poren der hochkristallinen Käfige einlagern lassen. MOF 210 schießt dabei den Vogel ab. Ein Gramm des Moleküls - gepresst wäre es kaum würfelzuckergroß - hat eine spezifische Oberfläche von rund 10 000 Quadratmetern. Würde man sein Inneres nach außen kehren und entfalten, käme man locker auf die Fläche eines Fußballfeldes.

Ulrich Müller weiß, wie schwer es ist, sich so etwas vorzustellen. "Denken Sie an ein Spinnennetz, das nicht zweidimensional ist, sondern in 3-D frei im Raum existiert", versucht es der Experte für poröse Stoffe bei der BASF in Ludwigshafen mit einem Vergleich.

Soll heißen: MOFs haben so wenig Gerüst und so viel frei zugänglichen Parkraum wie nur möglich. In dichter Packung und unzähligen Schichten lassen sich Gasmoleküle in diesen Poren übereinander stapeln. "Wie ein Schwamm saugen MOFs alles auf, was man ihnen anbietet", sagt der Chemiker, "wendet man zusätzlichen Druck auf, kann man ihre Poren im Prinzip bis zum Maximum füllen."

Seit den 90er Jahren wurden Hunderte dieser Raumwunder hergestellt und erprobt, immer auf der Suche nach der "ultimativen Porosität eines Nanomaterials". So formuliert es Omar Yaghi, Professor für Chemie an der Universität von Kalifornien in Los Angeles und Begründer der modernen MOF-Forschung. Die Kristallschwämme bestehen zum einen aus Metallen und deren Oxiden, zum anderen aus Karbonsäuren. Schwierig zu synthetisieren sind sie nicht, doch ihre wahren inneren Werte hat erst Yaghi erkannt. "Jetzt explodiert die Forschung", beobachtet Ulrich Müller.

In Kalifornien werden inzwischen Erdgas-Autos mit MOF-Tanks getestet. Sie fassen rund doppelt so viel von dem Kraftstoff wie bisher. Folglich kommen sie mit einer Erdgasfüllung auch doppelt so weit. Genauso kann man sich Wasserstoff-Tanks für künftige Brennstoffzellen-Fahrzeuge auf metallorganischer Basis vorstellen. Eines aber dürfte bald ein Ende finden: die Jagd nach noch poröseren MOFs. Aus physikalischen Gründen ist laut Müller bei einer inneren Oberfläche von 13 000 bis 14 000 Quadratmetern Schluss. Nun gut, das wären dann immer noch zwei Fußballfelder Parkfläche für Erdgas und Wasserstoff.

Dieser Beitrag läuft heute im Deutschlandfunk im Rahmen der Reihe "M3 - Mraseks Molekül-Mosaik", immer mittwochs um 16.35 Uhr, in der Sendung "Forschung aktuell". In der Region empfangen Sie den Deutschlandfunk auf UKW 95,4 und 104,6. Weitere Infos im Netz unter www.dradio.de/jahrderchemie

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