Ganz weit oben auf der Operetten-Hitliste

Trier · Er kennt sich als Sänger und Darsteller im Musical- und Unterhaltungsgenre bestens aus: Alexander Kerbst. Jetzt inszeniert der Absolvent der Leipziger Thomasschule Offenbachs Operette "Orpheus in der Unterwelt" am Trie-rer Theater. Premiere ist am Samstag, 8. November, um 19.30 Uhr im Großen Haus.

 Munteres Spiel zwischen Himmel und Hölle: Christian Miedreich als Hans Styx und Evelyn Czesla (Eurydike) bei Proben zur Operette „Orpheus in der Unterwelt“ am Theater Trier. TV-Foto: Friedemann Vetter

Munteres Spiel zwischen Himmel und Hölle: Christian Miedreich als Hans Styx und Evelyn Czesla (Eurydike) bei Proben zur Operette „Orpheus in der Unterwelt“ am Theater Trier. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Der verkrachte Musiker Orpheus und seine Ehefrau Eurydike haben sich auseinandergelebt. Sie liebt Aristeus, er stellt der jungen Nymphe Chloé nach. Als sich der Liebhaber von Eurydike als Unterweltboss Pluto entpuppt und sie in sein Schattenreich entführt, beginnt ein turbulentes Spiel zwischen Himmel und Hölle. Diese Handlung der berühmten Operette von Jacques Offenbach einfach in die Gegenwart übertragen, sie gewaltsam modernisieren, das wolle er nicht, sagt Alexander Kerbst, Regisseur der Trierer Produktion "Orpheus in der Unterwelt". Nur die Hölle spielt im 21. Jahrhundert - aus gutem Grund. TV-Mitarbeiter Martin Möller hat mit dem Regisseur gesprochen.Herr Kerbst, wenn Sie eine Hitliste der Operetten aufstellen sollten - wo würde dann für Sie Offenbachs "Orpheus" rangieren?Alexander Kerbst: "Orpheus in der Unterwelt" ist auf jeden Fall eine der wichtigsten und authentischsten Operetten, auch weil sie die erste war. Damals wurde ein neues, zeitkritisches, sogar politisches Genre begründet. Offenbach hat im "Orpheus" die Intrigen und die Doppelmoral im französischen Zweiten Kaiserreich bissig kommentiert und sogar Gluck, die Komponisten-Ikone französischer Musik, parodiert. In meiner Operetten-Hitliste stünde der "Orpheus" ganz weit oben. Der Orpheus hat ja keine einfache Handlung. Da häufen sich geheime Wünsche, Intrigen, realisierte und verhinderte Pläne, und über allem die leichthändige Satire Offenbachs. Wie bringt man so etwas auf die Bühne?Kerbst: Wir haben heute eine andere Zeit. Da muss man schauen: Wie übersetze ich das Stück in die Gegenwart? Ich halte allerdings nichts davon, eine 150 Jahre alte Operette als Gegenwartsdrama zu inszenieren. Wir werden den "Orpheus" nur bedingt ins Heute holen. Der Götterhimmel beispielsweise spielt in der patriarchalischen Welt an der Wende zum 20. Jahrhundert. Die Hölle spielt dagegen in der Gegenwart. Da geht es nur noch um Spaß, Sex und Alkohol. In beiden Extremen spiegelt sich die moderne Gesellschaft in ihrer Zerrissenheit. Und für die Mitte steht das Theater, ein Ort, wo sich Intellekt und Sinnlichkeit vereinen. In meiner Inszenierung ist der "Orpheus" auch eine Hommage an das Theater.Im "Orpheus" steckt auch eine Menge zeitkritischer Brisanz. Wie bringen Sie das zum Ausdruck?Kerbst: Das Prinzip "Wasser predigen und Wein trinken" ist heute so aktuell wie zu Offenbachs Zeiten und Kritik daran so brisant wie damals. Ich werde allerdings keine Politiker auf die Bühne stellen.Keine Aktualität mit dem Zaunpfahl …Kerbst: Genau. Die Leute sollen das zwischen den Zeilen lesen.Der "Orpheus" besteht zu einem beträchtlichen Teil aus Sprechdialogen. Wie gehen Sie damit um?Kerbst: Natürlich mussten wir kürzen; das ganze Werk mit allen Musiknummern würde über drei Stunden dauern. Wir kommen inklusive Pause mit zweieinhalb Stunden aus.Die Komposition von Offenbach ist sehr subtil. Was nehmen Sie von dieser Musik mit in Ihr Regiekonzept?Kerbst: Wenn die Dialoge nicht mehr reichen, um die Emotionen zu transportieren, dann kommt die Musik ins Spiel. Diesem Prinzip folgend werden wir da auch nichts "gegen den Strich bürsten", denn ich habe großen Respekt vor Offenbachs Komposition. mö"Orpheus in der Unterwelt", 8. November, 19.30 Uhr, Theater Trier. Karten: 0651/7181818Extra

Alexander Kerbst studierte von 1985 bis 1989 an der Theaterhochschule in Leipzig und absolvierte einen Förderkurs für Chanson und Musical bei Jens-Uwe Günther. Während seines Schauspielstudiums spielte er 1989-1992 im Berliner Metropol-Theater den Joe in Jule Stynes Musical "Manche mögen\\'s heiß". In der Spielzeit 2000/01 war Kerbst im Berliner Theater am Kurfürstendamm als Dr. Otto Siedler in Benatzkys "Im Weißen Rössl" zu sehen. Auf der Wörther See-Bühne in Klagenfurt spielte er 2002 erstmals den Falco im Musical "Falco Meets Amadeus". 2013 engagierte ihn das Theater Trier für die Tanztheater-Produktion "Falco - The Spirit Never Dies". 2014/15 geht er mit "Die Nacht der Musicals" als Solist auf Deutschlandtour. mö

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