Gauner, Mörder und eine Heldin

Durchwachsen wie das Wetter, das "Die Nacht der Rebellen" vom Brunnenhof in die Trierer Tufa zwang, ist auch das Programm von Claude-Olivier Rudolph gewesen. Nur 80 Zuhörer lauschten den Geschichten, Gedichten und Liedern über Ganoven, Räuber und Mörder.

Trier. (mehi) Es ist totenstill. Grausige Bilder flackern über die Leinwand: ein Körper, durchsiebt von Einschüssen. Claude-Olivier Rudolph, der "tough guy" des deutschen Film und Fernsehens, erzählt den knapp 80 Zuhörern in der Tufa Trier das Leben von Jacques Mesrine, dem "französischen Staatsfeind Nummer eins", dem "Mann mit den tausend Masken". Einige zeigt ein kurzer Film. Rudolph zitiert aus Mesrines "Der Todestrieb" eine Episode aus der Jugend des Gewaltverbrechers, skizziert einen jungen Schläger, der die Mutter beklaut und in den Puff geht. Dazu zupft Gitarrist Zocco im Dunkeln leise Akkorde - einzig Rudolphs Manuskript ist beleuchtet.

Die "Nacht der Rebellen" beginnt bei Jason und den Argonauten ("die erste Piratengeschichte überhaupt") bis zu Rebellen der Neuzeit wie Mesrines. Rau und tief ist Rudolphs Stimme dabei. Weich und zärtlich wird sie, als er Arthur Rimbauds ("der berühmteste Piratendichter") "Närrisches Spiel in drei Küssen" und Francois Villons "Kleine Liebesballade" zitiert. Es sind alles Literaten, die nicht mit dem Strom geschwommen sind, die oft Theater mit Staat und Gesellschaft hatten. So wie "Harry" Heine, dessen gesamtes Schaffen unter deutscher Zensur stand. Zu politisch, zu vulgär, zu obszön sei er gewesen, vergleichbar mit Lennon oder Iggy Pop vom Text her, sagt Rudolph. "Das ‚Buch der Lieder' wurde kastriert und retuschiert." Er liest: "Auf deinen schneeweißen Busen hab ich mein Haupt gelegt." Eine "schneeweiße Schulter" sei daraus geworden

Rebellenfotos in der Endlosschleife



Auch die Marx Brothers, Hans Albers - über ihn bereitet Rudolph eine filmische Hommage vor - und Kneißl ("mein Lieblingsräuber") gehören zu den Rebellen. Rudolph hat zu jedem eine Geschichte parat, zitiert ein Gedicht oder Lied. Und doch bleibt die Lesung dramaturgisch hinter den Erwartungen zurück: Die Geschichten wirken wahllos in ihrer Reihenfolge. Der Höhepunkt ist bereits vor der Pause: der gruselige Film über Mesrine.

Auch die Fotos der Rebellen, die Rudolph in einer Endlosschleife auf der Leinwand zeigt - hier erweist sich der Umzug vom Brunnenhof in die Tufa als Glück - wirken beliebig aneinandergereiht. Das Foto von Albers taucht bei der Geschichte von Klaus Störtebeker auf, The Doors bei Heine und Pippi Langstrumpf bei Villon. Apropos Pippi: Sie ist die einzige Rebellin, die Rudolph in seiner Lesung ehrt. Doch es ist keine Story vom Auflehnen gegen die Obrigkeit. Rudolph zeigt die herzensgute Pippi, die den Kindern kiloweise Bonbons schenkt - ein versöhnliches Bild eines Rebellen.

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