Gefesselt und geknebelt

Das Fernsehen, die Mode, die Lehrer in den Schulen: Es gibt wohl kein Thema, zu dem Herbert Knebel keine bissigen Worte findet. Die Figur des Komikers Uwe Lyko ist dabei der Inbegriff der Spießigkeit - und zeigt dem Zuschauer beeindruckend, was er niemals sein will: Durchschnitt.

 Mit Hornbrille und Mütze: Herbert Knebel. TV-Foto: K.-B. Becker

Mit Hornbrille und Mütze: Herbert Knebel. TV-Foto: K.-B. Becker

Trier. Er ist ein Opfer des Fortschritts: Herbert Knebel, mehr oder weniger glücklich verheiratet mit seiner "Guste", stammt aus Essen und ist Frührentner. Ein ehemaliger Bergmann, der in der modernen Welt nun sprichwörtlich zum alten Eisen geworden ist. Pure Durchschnittlichkeit ist es, was die Kunstfigur Herbert Knebel auszeichnet - oder ist das schon gar Spießigkeit? Hosenträger, Hornbrille, Helmut-Schmidt-Mütze, dazu deutlich hörbarer Ruhrpott-Tonfall sind die rein äußerlichen Zutaten, mit denen der Komiker Uwe Lyko das Trierer Publikum fesselt. Herbert Knebel lästert über die Lehrer, macht Talent-Shows im Fernsehen mies, mokiert sich über die allzu gewagte Mode bei übergewichtigen Jugendlichen und wird völlig wahnsinnig, wenn er es mit einer Computerstimme am Telefon zu tun bekommt. Kurzum: Herbert Knebel verkörpert in seinem Programm "Ich glaub, mich holnse ab" genau das, was eigentlich alle denken. Mit bissigen Sätzen und dem ebenso derben wie charmanten Ruhrpott-Dialekt gelingt es ihm, aus diesen ansonsten biederen Allgemeinplätzen zündende Pointen zu zaubern. Dazu noch das ewige Gejammer über seine Frau "Guste", mit der er am liebsten so wenig Zeit verbringt, wie irgend nötig. Geht es um die Unterschiede zwischen Mann und Frau, ist Knebel allerdings kaum mehr als eine ältere Ausgabe von Mario Barth - reichlich flach und vorhersehbar. Und auch mit seinem Faible für Pointen, die mit der menschlichen Verdauung zu tun haben, kann sich Knebel nicht als besonders anspruchsvoller Satiriker profilieren. Dass sein Programm vor den rund 250 Zuschauern in Trier aber trotzdem so gut ankommt, liegt an dem Knebel'schen Gesamtkonzept: Mit seiner biederen Spießigkeit hält der Komiker seinem Publikum den Spiegel vor und entlarvt damit Durchschnittlichkeit und Langeweile. Wer möchte sich schließlich mit einem geschmacklos gekleideten Ewiggestrigen identifizieren? Mit anspruchsvollem Kabarett und beißender Satire hat das wenig zu tun - doch der Unterhaltung tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil. Mit seinem Programm hat der Komiker sein Trierer Publikum nicht nur gefesselt; er hat es, auf seine ganz eigene Art, auch vorzüglich geknebelt.

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