Geheimnisvolle Kraft

TRIER. Kunstfreunde können in diesen Tagen lernen, afrikanisch-europäisch zu sehen. In der Trierer Galerie Palais Walderdorff sind Arbeiten des in Köln lebenden Afrikaners und Beuys-Schülers El Loko zu sehen.

"Versuch‘ es doch mal mit dem Holzschnitt" - Joseph Beuys selbst hatte dereinst dem begabten Studenten geraten, sich in der alten Technik der Holzschneidekunst auszudrücken. Gerade 21-jährig war El Loko aus Togo an die Kunstakademie nach Düsseldorf gekommen, wo der "heilige Joseph" (wie er liebevoll von Freunden und spöttisch von seinen Feinden genannt wurde) sein Lehrer und Förderer wurde. Zunächst hatte der junge Afrikaner eine Ausbildung als Textildesigner in seiner Heimat abgeschlossen. Im Nachbarland Ghana sah er dabei zum ersten Mal schwarz - weiße Holzschnitte für die Stoffgestaltung, die ihn zu ebensolchen Zeichnungen inspirierten und die er Beuys vorlegte.Werkstoff Holz als wichtiges Ausdrucksmittel

Der Werkstoff Holz wurde für den jungen Mann, dessen Künstlername El Loko sich sinnigerweise vom afrikanischen "logoti" - der Baum - ableitet, fortan zu einem wichtigen Ausdrucksmittel. Bekannt wurde der spätere Meisterschüler allerdings eher durch sein malerisches Werk und seine Installationen. Deren berühmteste "Dem Rudel das Bild erklären" verrät nicht nur die Nähe zum verehrten Meister Beuys, sie verhalf dem 1950 geborenen Künstler auch zum Durchbruch in der internationalen Kunstszene. Zu Unrecht blieb El Lokos grafisches Werk bislang wenig beachtet. Gerade seine kraftvollen Holzschnitte aus den 70er und 80er Jahren, wie sie jetzt in Trier gezeigt werden, sind ausgesprochen sehenswert. El Loko versteht sich auf die Kunst des Weglassens und den spannenden Umgang mit Hell-Dunkel-Kontrasten. Verträumt kommen seine kolorierten Drucke daher. Die eindrucksvollen Blätter erzählen zudem viel vom "Schwarzen Kontinent" und vom Verhältnis afrikanisch-europäischer Kunst. Einmal Afrika - Europa und zurück könnte man kurz zusammenfassen, was sich in den Holzschnitten und den wenigen Stelen in der Galerie Palais Walderdorff auftut. El Lokos Arbeiten belegen, wie sehr Kunst das Talent zur Weltkunst hat, wenn sie bereit ist, auch mit den Augen der anderen Kultur zu sehen. Die Trierer Holzschnitte und Stelen verbinden beides, die klare Formgebung afrikanischer Holzbildhauer und die malerische Linie Europas, das Format des hiesigen Tafelbildes und die skulpturale Tradition Afrikas. Das haben bereits andere vor dem Künstler aus Togo geschafft. Es ist deshalb kein Zufall, dass dem Kunstfreund beim Betrachten von El Lokos Holzschnitten andere große Namen der Kunstgeschichte in den Sinn kommen. Was indes die Arbeiten so unverwechselbar afrikanisch macht, sind ihre Inhalte: die Masken, die Tänzer, die Musik, die Dämonen, die schwarze Frau als Garantin des Lebens. Und was noch wesentlicher ist: Von El-Lokos Holzschnitten geht jene geheimnisvolle stille Kraft aus, wie sie den alten afrikanischen Skulpturen innewohnt. Bis 8. Februr, Di - Fr 11-13 und 14-17 Uhr, Sa, So 10-13 Uhr.

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